Stummer Landesvater ganz aus Gips -
Kunstaktion in der Linienstraße erinnert an preußische und deutsche Geschichte



Das Original des königlichen Denkmals stand ursprünglich im Hohenzollernmuseum Schloss Monbijou, eine Nachbildung schmückt jetzt die Ecke Linienstraße/Weydinger Straße. (Foto: Caspar)

Der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. war ein Mann, der große Auftritte nicht liebte und sich gern unters Volk mischte. Fuchsteufelswild konnte er werden, wenn ihm bei seinen „lieben Berlinern“ Schlendrian und Betrug auffiel. Da konnte er schon mal mit dem Stock dazwischenprügeln, was zur Folge hatte, dass man ihm gern aus dem Weg ging. Seit einiger Zeit wacht dieser wegen seiner Zornesausbrüche gefürchtete Landesvater still und stumm auf einem kleinen Platz an der Linienstraße/Ecke Weidingerstraße unweit der Volksbühne im Bezirk Mitte. Die Aufstellung der Gipsfigur erfolgt im Rahmen einer Kunstaktion des Vereins zur Förderung von Kunst und Kultur, der sich die Verschönerung der Gegend um den Rosa-Luxemburg-Platz auf die Fahnen geschrieben hat und an Ereignisse und Gestalten der preußischen und deutschen Geschichte erinnert. Die Künstler Michael Clegg und Martin Guttmann machen mit der Collage von vollplastischen Figuren und Fotos auf Berliner Denkmäler und Kunstwerke wie den Delphinbrunnen hinter dem Märchenbrunnen und das Spanienkämpferdenkmal im Friedrichshain aufmerksam. Abgebildet ist auch ein Inschriftenstein, der auf dem Lustgarten in der Nähe des Doms an die antifaschistische Widerstandsgruppe um Herbert Baum erinnert. Sie hatte 1942 die Naziausstellung „Das Sowjetparadies“ in Brand gesteckt. Von der Gestapo aufgespürt, wurden die meisten Angehörigen der Gruppe Baum hingerichtet.

Der dickbäuchige Soldatenkönig in der Uniform des frühen 18. Jahrhunderts, jedoch ohne Stock, weist auf das nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissene Schloss Monbijou hin, in dem die Figur, ein Werk des Bildhauers Christian Friedrich Heinrich Bettkober (1746-1809), ursprünglich stand. Der königliche Palast mit dem Hohenzollernmuseum darin wurde 1943 stark beschädigt, 1957 bis 1960 ist die Kriegsruine beseitigt worden. Ausstellungsstücke kamen in verschiedene Berliner Museen. Die Preußische Schlösserstiftung richte 2005 im Schloss Charlottenburg ein neues Hohenzollernmuseum ein und will dann auch Exponate aus dem Schloss Monbijou zeigen. Anlässlich der Kunstaktion an der Linienstraße wurde die witterungsanfällige Gipsnachbildung gegen Regen und Schnee imprägniert, damit sie wenigstens ein halbes Jahr stehen bleiben kann

Helmut Caspar

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