„Tor des Südens“ aus gelben Ziegeln -
Das für 1,1 Millionen Euro restaurierte Eingangsportal des Anhalter Bahnhofs ist wieder öffentlich zugänglich



Der sorgsam restaurierte Portikus des ehemaligen Anhalter Bahnhofs erinnert daran, wie aufwändig solche Verkehrsbauten in der Kaiserzeit gestaltet wurden. (Foto: Caspar)

Bahnhöfe waren im Berlin des 19. Jahrhundert aufwändig gestaltete Prunkbauten, deren Schmuck sich der preußische Staat viel Geld kosten ließ. Zu sehen ist das an den respektablen Resten des Anhalter Bahnhofs in Kreuzberg, die in den vergangenen Jahren sorgfältig saniert und restauriert wurden. Von der Gesamtsumme in Höhe von 1,1 Millionen Euro übernahm die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 370 000 Euro. Deren Berliner Geschäftsstellenleiter Peter Schade sagte am Mittwoch, dem 15. Juni 2005, genau 125 Jahre nach der offiziellen Eröffnung des Anhalter Bahnhofs, anlässlich der Übergabe an die Öffentlichkeit, es sei wichtig gewesen, das Bahnhofsgebäude auch in seinem torsohaften Zustand für heutige und künftige Generationen zu erhalten und zugänglich zu machen. Die hohe Wertschätzung für die eindrucksvolle Portalruine zeige sich auch darin, dass ihre Instandsetzung von der Bundesregierung gefördert wurde.

Der 1841 errichtete und dreißig Jahre später von dem Architekten Franz Schwechten, dem Erbauer der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, im so genannten Rundbogenstil ausgebaute Kopfbahnhof wurde in der Kaiserzeit scherzhaft Tor des Südens genannt, weil von hier aus Züge bis nach Rom, Nizza und Istanbul abfuhren. Innen und außen war das international bekannte Bahnhofsgebäude mit reich Skulpturen und Wandgemälden geschmückt. Im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, wurden seine Reste bis auf den repräsentativen Eingangsbereich um 1960 abgerissen. Wie die für die Sanierung des Torsos zuständige Architektin Christina Petersen betonte, wurde das Mauerwerk in den vergangenen Jahren gereinigt und ausgebessert. Die Wunden des Krieges seien sichtbar geblieben, lediglich hätten Bauleute lockere Steine mit einem Spezialmörtel gefestigt und Mauerkronen durch eine Metallabdeckung vor eindringendem Regen geschützt. Da sich die bronzenen Allegorien von Tag und Nacht auf dem Dach des Bahnhofsgebäudes in einem desolaten Zustand befunden hätten, seien sie durch Kopien ausgetauscht worden. Die überlebensgroßen Originalfiguren des Bildhauers Ludwig Brunow könne man im Deutschen Technikmuseum an der Trebbiner Straße als Beleg für den hohen künstlerischen Aufwand betrachten, den man nach der Reichsgründung von 1871 mit solchen Verkehrsbauten betrieben hat. Die Reste der aus gelbem Backstein errichteten Eingangshalle mit ehemals reichem Skulpturenschmuck lassen heute zudem noch ahnen, welch hohen Stellenwert der Anhalter Bahnhof auch als Empfangshalle für Staatsgäste besessen hat, die die kaiserliche Reichshauptstadt besucht haben.

Helmut Caspar

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