Von der Schlossinsel zur Topographie des Terrors - 8. Berliner Archäologentag macht mit neuesten Erkenntnissen über Berliner Bodenaltertümer bekannt



Archäologen entdeckten in einer Gruft der Marienkirche (Bezirk Mitte) eine große Fülle von Gebeinen. Nach der Untersuchung des Fundes wurden die sterblichen Überreste in derKirche erneut beigesetzt. (Foto: Caspar)

Wenn Archäologen im Vorfeld von Bauarbeiten oder bei der Verlegung von Leitungen in den Boden gehen, finden sie oft Erstaunliches – menschliche Knochen, Werkzeuge und Waffen, jede Menge Scherben, manchmal auch Hausfundamente und zugeschüttete Keller. Was da in der nun zu Ende gehenden Ausgrabungssaison 2004 ans Tageslicht befördert wurde, steht im Mittelpunkt des 8. Berliner Archäologentages am kommenden Donnerstag, dem 4. November. Die Veranstaltung mit vielen Vorträgen zum Thema „Ortsfeste und sichtbare Bodendenkmäler in der Stadt“ findet von 9.30 bis 18 Uhr im Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin, Tiergartenstraße 6 (Kreuzberg) statt.

Wie die Leiterin der Berliner Landesarchäologie, Karin Wagner, erläutert, werden Grabungsergebnisse im Bezirk Mitte sowie in Köpenick und Spandau vorgestellt. So sei die Besiedlung der Köpenicker Schlossinsel anhand von mittelalterlichen Siedlungsspuren sehr schön an Keramik-, Glas- und Metallfunden abzulesen. Die Resultate werden in einem Sammelband publiziert, der sich mit der wechselvollen Geschichte des heute als Kunstgewerbemuseum genutzten Schlosses und der Schlossinsel befasst und demnächst erscheint. Auch die Grabungen auf dem Gelände der Spandauer Zitadelle und im Fort Hahneberg am Stadtrand runden das Bild von der Entstehung und Besiedlung dieses ehemals stark befestigten Platzes vor den Toren des alten Berlin ab. „Wir wollen darüber diskutieren, wie man mit solchen Hinterlassenschaften umgeht und ob man sie nach ihrer wissenschaftlichen Erkundung wieder mit Erdreich verfüllen soll oder sie museal unter freiem Himmel zeigt, wie es etwa auf dem Schlossplatz im Bezirk Mitte bei der Präsentation uralter Fundamente der ehemaligen Hohenzollernresidenz geschieht. Für beides gibt es gute Argumente, über die wir uns verständigen wollen“, erklärt Karin Wagner das Ziel der Veranstaltung, zu der interessierte Berlinerinnen und Berliner bei freiem Eintritt eingeladen sind.

Im Zusammenhang mit dem geplanten Wiederaufbau von Schinkels Bauakademie nicht weit vom Stadtschloss entfernt wollen die Archäologen 2005 deren noch erhaltenen Keller untersuchen. Die Ergebnisse können für Bauhistoriker und Architekten interessant sein, die für eine authentische Rekonstruktion mehr als Baupläne, Gemälde und alte Fotografien benötigen. Vorgestellt werden auf dem Archäologentag auch neueste Erkenntnisse, die bei der Öffnung von Gräbern im Umfeld der Nikolaikirche, in einer Gruft der Marienkirche und in der Franziskaner-Klosterkirche (alle im Bezirk Mitte) gewonnen wurden. Erste anthropologische Untersuchungen an den Skeletten ergaben wichtige, in keiner Chronik fixierte Informationen über Todesursachen, Krankheiten und Mangelernährung bei den früheren Bewohnern der Stadt. Mit Überlegungen zur Einbindung archäologischer Hinterlassenschaften auf dem Gelände der Topographie des Terrors auf dem früheren Gestapogelände an der Wilhelmstraße/Niederkirchnerstraße und Vorschlägen zur Wiederaufstellung von baulichen Resten des ehemaligen Schwimmstadions aus der Zeit um 1913 auf dem Olympiagelände geht der 8. Berliner Archäologentag zu Ende.

Helmut Caspar

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