Sozialistische Bauchbinde -
Restaurierter Wandfries aus DDR-Zeiten wird
wieder am Berliner Haus des Lehrers befestigt

Berlin. Die 25 Millionen Euro teure Sanierung der Berliner Kongressehalle und des Hauses des Lehrers am Alexanderplatz macht sichtbar Fortschritte. Am 25. September wird die Kongresshalle eingeweiht. Dann konzentriert sich die Berliner Congress Center Grundstücksgesellschaft b. R. (bcc) ganz auf das Haus des Lehrers, das 1961 bis 1964 nach Plänen von Hermann Henselmann an der Stelle des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Lehrervereinshauses errichtet wurde. Zur Zeit wird die in Einzelteile zerlegte und restaurierte „Bauchbinde“, ein 130 Meter langer Bilderfries nach Entwürfen von Walter Womacka, an der Fassade befestigt.

Seit der Wende stand es um das zwölfstöckige Haus des Lehrers mit der Adresse Alexanderplatz 4 nicht gut. Die Verwendung als Begegnungsstätte für Pädagogen, Ausstellungshalle, Bibliothek und Kulturzentrum wie zu DDR-Zeiten hatte sich überlebt. Der Berliner Senat suchte seither Käufer, die in der Lage waren, das marode Gebäude sowie die benachbarte Kongresshalle unter Beachtung der Vorgaben des Denkmalschutzes zu sanieren. Klar war bei allen Verhandlungen, dass der von Walter Womacka im Stil des sozialistischen Realismus geschaffene, sieben Meter hohe Bilderfries nicht angetastet, sondern restauriert wird. Mit der 130 Meter langen bunten Bauchbinde, wie die Berliner spotten, wird Propaganda für die Segnungen des Marxismus-Leninismus gemacht. Das knallbunte Wandgemälde aus Keramik- und Glasbruchststeinen mit seiner aufdringlichen Werbung für blühende Landschaften kommunistischer Prägung ist gewiss nicht jedermanns Sache, und deshalb war auch die Restaurierung in Berlin stark umstritten. Durchgesetzt hat sich die Fraktion derer, die für den Erhalt dieses eigenartigen Denkmals sozialistisch-realistischer Kunst einsetzten.

Da die Glas- und Keramiksteine, aus denen die Figuren, Blumen, Symbole und anderes gebildet werden, auf dem Untergrund nicht mehr fest hafteten, musste der ganze Fries zerlegt und abgenommen werden. Wie Mathias Bremer, Mitarbeiter der in Quedlinburg (Sachsen-Anhalt) ansässigen Glaswerkstätten F. Schneemelcher, in luftiger Höhe erläutert, wurde der Fries zunächst genau kartiert und fotografiert. So konnte man auch Fehlstellen und Risse für spätere Ausbesserungen und Ergänzungen ausmachen. In einem zweiten Arbeitsgang wurde ein spezielles Trägerpapier auf das Mosaik aufgebracht und die originalen Steine Stück für Stück mit dem Meißel vom Untergrund entfernt. „Jede Partie ist genau nummeriert, so dass wir sie wieder dort mit Hilfe eines Spezialmörtels als Steinkleber auf dem Untergrund befestigen können, wohin sie gehört. Wenn alles am richtigen Fleck ist, wird das Trägerpapier mit Wasser eingeweicht und vorsichtig entfernt“, erläutert Mathias Bremer. Alles in allem sollen die etwa 800 000 Euro teuren Arbeiten an dem 800 Quadratmeter großen Wandbild im kommenden Jahr abgeschlossen werden.

Helmut Caspar

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