Rettung für den Kommandantenturm naht -
Relikt von der Grenzübergangsstelle in Dreilinden kann nun endlich saniert werden



Der ehemalige Kommandantenturm von Drewitz, direkt an der A 115, wird in den kommenden Jahren saniert und in eine Gedenkstätte verwandelt. (Foto: Caspar)

Mit unglaublicher Schnelligkeit wurden nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989 die DDR-Befestigungsanlagen um West-Berlin sowie entlang der deutsch-deutschen Grenze beseitigt. Die seit 1950 und verstärkt nach dem 13. August 1961 immer perfekter ausgebauten Sperrgürtel, Stacheldrahtverhaue, Betonwälle, Minenfelder, Autofallen, Beobachtungstürme und was sonst noch zum „antifaschistischen Schutzwall“ gehörte, waren so verhasst, dass niemand sie länger sehen wollte. Jahre später hat die Öffentlichkeit begriffen, dass wichtige Geschichtszeugnisse für immer verschwunden sind. Und so reifte die Erkenntnis, die wenigen Originalteile, die die Abrisswelle überstanden haben, pfleglich zu behandeln.

Der in Kleinmachnow ansässige Verein Checkpoint Bravo e. V. kümmert sich um die letzten Reste der Übergangsstelle Checkpoint Bravo in Drewitz-Dreilinden. Hier, direkt an der A 115, erinnert nur noch ein desolater, von Graffiti überzogener Kommandantenturm an die strengen, menschenunwürdigen Kontrollen der DDR-Grenzer, denen sich Kraftfahrer auf dem Weg von und nach West-Berlin unterziehen mussten. „Drewitz hatte, so lange die Mauer stand aber schon lange davor, etwas Bedrohliches. Wer als Westdeutscher oder West-Berliner die Grenzübergangsstelle passieren wollte, musste sich auf lange Wartezeiten sowie schikanöse Befragungen und mitunter intensive Kontrollen einstellen. Immer wieder wurden hier DDR-Flüchtlinge aus den Fahrzeugen der Transitreisenden geholt und anschließend zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Das darf nicht vergessen werden, und deshalb müssen auch die letzten steinernen Zeugnisse erhalten werden“, sagt Vereinsvorsitzender Peter Boeger.

Erst jetzt sei der Weg frei, dass der Turm mit Hilfe von ABM-Kräften saniert und in ein Museum verwandelt wird. Dafür stehen 114 000 Euro zur Verfügung, die sich aus Zuschüssen des Landes Berlin, der Gemeinde Kleinmachnow und Eigenmitteln des Vereins Checkpoint Bravo e. V. sowie Spenden zusammensetzen. Ab 1. Mai 2005 gilt ein Mietvertrag mit der Europarc Dreilinden GmbH, der den ehemaligen Kommandantenturm dem Verein für 25 Jahre mietfrei überlässt.

Das Sanierungskonzept sieht die Erneuerung des löchrigen Dachs sowie die Verglasung der zerschlagenen Fenster vor, außerdem müssen eingestürzte Wände gesichert und erneuert werden. „Wir wollen am Wachturm die Spuren der Zerstörung und Alterung nicht tilgen, sondern dokumentieren hier auch ein Stück Umgang mit der Mauer nach ihrem Fall am 9. November 1989“, sagt Boeger. Das bedeute auch, dass die Graffiti nicht überstrichen, sondern belassen werden, wenigstens teilweise. Wie man mit diesen Spuren umgeht, müsse noch mit dem Denkmalschutz ausgehandelt werden.

Der Vereinsvorsitzende schätzt, dass die Arbeiten in zwei Jahren beendet sein werden. In der Zwischenzeit wird die Ausstellung vorbereitet. Sie soll gelungene und gescheiterte Fluchtversuche dokumentieren und zeigen, wie das Grenzregime vor und nach 1961 ausgesehen hat. Bereits im Sommer 1949 wurde unter der Bezeichnung Kontrollpassierpunkt Nowawes ein Grenzdurchlass eröffnet. Mit dem Ausbau der innerdeutschen Grenze in den 1950er Jahren und nach dem Mauerbau 1961 wurde die in „Grenzübergangsstelle Drewitz“ umbenannte Anlage weiter befestigt und technisch aufgerüstet. Allerdings genügte die GÜST, so das Kürzel für den streng bewachten und militärisch befestigten Kontrollpunkt, den DDR-Behörden bald nicht mehr. Sie ließen 1969 die militärisch abgesicherte Kontrollstelle für 50 Millionen (Ost-) Mark neu bauen.

Nur wenigen Auserwählten war bekannt, was sich hinter der Tarnbezeichnung „Technik 5“ verbarg - eine neue Methode zum Aufspüren von Flüchtlingen, die sich in Kofferräumen von Pkw oder zwischen der Ladung von Lastwagen versteckt hatten. Dabei wurden sämtliche Fahrzeuge mit Gammastrahlen durchleuchtet. „Die Existenz einer solchen mit Cäsium 137 betriebenen Anlage unterlag strikter Geheimhaltung und war nur wenigen Bediensteten in Drewitz bekannt“ berichtet Boeger. Leider seien die Geräte nach dem Fall der Mauer schnell und konspirativ beseitigt worden. Der Verein Checkpoint Bravo möchte in der neuen Ausstellung im Kommandantenturm aber solches Beweismaterial zeigen und hofft, dass das eine oder andere originale Stück auch mit Hilfe aus der Bevölkerung wieder zum Vorschein kommt. Ebenso großes Interesse besteht an Bildern, Dokumenten und Zeitzeugenberichte, die die Vorgänge an der „GÜST Drewitz“ weiter erhellen können.

Helmut Caspar

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