Fenster in die Vergangenheit - Archäologen fanden auf dem Potsdamer Schlossareal aussagestarke Reste einer sehr alten Bebauung




Das barocke Fortunaportal steht schon auf den von Potsdamer Archäologen freigelegten Fundamenten. Jetzt fehlt nur noch das Schloss. (Foto: Caspar)

Potsdam. Wenn irgendwann das Potsdamer Stadtschloss als Parlamentsgebäude, Kulturpalast, Museumshalle oder alles zusammen aufgebaut werden sollte, muss der Kernbereich der brandenburgischen Landeshauptstadt umgestaltet werden. So müssen die über das ehemalige Schlossareal laufende Straße einschließlich der Straßenbahntrasse sowie diverse Leitungen verlegt werden. Doch ungeachtet der Frage, ob und wie das 1960 auf Befehl des damaligen SED-Chefs Walter Ulbricht abgerissene Stadtschloss zurück gewonnen wird, sind Bodendenkmalpfleger dabei, das Areal rund um den Alten Markt und auf dem früheren Schlossgelände nach Siedlungsspuren und Fundamentresten zu untersuchen. Wie die Potsdamer Archäologin Gundula Christl jetzt bei 8. Berliner Archäologentag erläuterte, zeigte sich, dass der unter Friedrich dem Großen in der Art einer italienischen Piazza angelegte Alte Markt mit dem Obelisken in der Mitte in mittelalterlicher Zeit eng bebaut war. Die Grabungen ergaben ferner genaue Daten darüber, wo das barocke Fortunaportal gestanden hat. Die Freilegung der originalen Fundamente war wichtig für den Wiederaufbau des prunkvollen Eingangstores mit der vergoldeten Fortuna obenauf. Die lateinischen Inschriften erinnern an den Einzug des gerade erst in Königsberg zum gekrönten Preußenkönigs Friedrich I. im Jahre 1701. Mit der Rekonstruktion des Fortunaportals wurde der Startschuss für den Wiederaufbau des Schlosses gegeben.

Zu ihrem Glück haben die Archäologen über die in Potsdam heftig diskutierte Frage der Wiedergeburt des Stadtschlosses nicht zu befinden. Sie gingen schon 1998 in den Boden und wurden überall fündig. „Die Voruntersuchungen auf einer Fläche von etwa tausend Quadratmetern sind wichtig für die Unterlagen, die die Politiker, Stadtplaner und Architekten für den Wiederaufbau des Residenzschlosses benötigen. Wir haben inzwischen die Lage seiner Umfassungsmauern ermittelt, und zwar nicht nur des Bauwerks, das unter Friedrich dem Großen barock überformt wurde, sondern auch der Vorgängerbauten bis ins Mittelalter hinein“, sagt die Archäologen. So wurde Relikte eines schon im 14. Jahrhundert gebauten Turms gefunden. Hinzu kommen Überreste einer nach 1429 angelegten Burg mit vier Ecktürmen sowie im Erdreich freigelegte Mauern des unterm Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm ab 1662 im holländischen Stil erbauten Schlosses. Es erhielt knapp ein Jahrhundert später seine endgültige Gestalt nach Plänen Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff.

Die Potsdamer Archäologen haben ihre Grabungsergebnisse schon 2001 zur Bundesgartenschau vorgestellt und stießen auf großes Interesse bei Besuchern Allerdings sehen sie es als wenig sinnvoll an, die Fundstellen über längere Zeit offen zu halten, wie das etwa bei den ausgegrabenen kellern des Berliner Stadtschlosses der Fall ist, denen Wind und Wetter stark zusetzen. „Wenn das Potsdamer Schloss rekonstruiert wird, möchten wir an drei Stellen die im Boden liegenden steinernen Reste in den Neubau einbinden. Man kann dann in trocknen Räumen einen Blick auf die Reste des Turms aus dem 14. Jahrhundert, den nach holländischem Vorbild angelegten Fußboden eines kurfürstlichen Querflügels und einen Keller im ehemaligen Corps de Logis ebenfalls aus kurfürstlicher Zeit werfen“, stellt sich Gundula Christl eine öffentliche Präsentation der von der Archäologie-Manufaktur ausgeführten Ausgrabungen vor. Technisch sei eine solche Öffnung nicht schwer, denn die Fundstellen seien zum Schutz vor der Witterung „neutral“ mit Sand verfüllt worden, der jederzeit entfernt werden kann. Wann das geschieht, hänge vom Wiederaufbau des Stadtschlosses ab, und darüber müsse die Politik entscheiden.

Helmut Caspar

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