Vertreibung, Flucht und freundliche Aufnahme - Französischer Dom am Gendarmenmarkt feiert sein dreihundertjähriges Bestehen



Bescheiden war der Anfang der Französischen Friedrichstadtkirche - Stich aus dem Jahr 1705. (Repro: Caspar)

Als die Französische Friedrichstadtkirche am 1. März 1705, mit einem Gottesdienst eingeweiht wurde, erschienen Preußens König Friedrich I. und sein Anhang in Trauerkleidung. Gut einen Monat zuvor war die Gemahlin des Monarchen, Königin Sophie Charlotte, gestorben, und in Sachen Hoftrauer war man sehr penibel. Wie Charlottenburg, so ist auch die Französische Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt, besser bekannt als Französischer Dom, 300 Jahre alt. In beiden Fällen ist das willkommener Grund zur Freude und Anlass für zahlreiche Veranstaltungen.

Zwanzig Jahre nach dem Erlass des Edikts von Potsdam von 1685, mit dem der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg die aus ihrem Heimatland Frankreich wegen ihres reformierten Glaubens vertriebenen Hugenotten Freundschaft und landesherrliche Zuwendung versprochen hatte, besaß die 6000 Mitglieder umfassende Französische Gemeinde zu Berlin eine eigene Kirche. Schlicht war sie gestaltet, gebaut nach den strengen Regeln der Reformierten ohne Bilder und Skulpturen. Daran wird erinnert, wer die Französischen Friedrichstadtkirche zu Gottesdiensten, Konzerten und Vorträgen besucht.

Zur Auftaktveranstaltung am 1. März findet im Französischen Dom ab 18 Uhr ein Konzert mit Musik der Barockzeit und einem Rückblick auf drei Jahrhunderte wechselvoller Hugenotten-Geschichte statt. Bis zum 8. März sind neben Festgottesdiensten und musikalischen Darbietungen auch Vorträge etwa über den Reformator Johannes Calvin (2. März, 19.30 Uhr im Georges-Casalis-Saal im Untergeschoss der Kirche) oder den aus hugenottischer Familie stammenden Schriftsteller Theodor Fontane und andere Mitglieder der französischen Gemeinde (5. März, 13 Uhr im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt) geplant. Die Festwoche endet am 8. März mit einem zeitdiagnostischen Gespräch unter dem Titel „Résister – Widerstehen“ zwischen den Philosophen Alain Finkielkraut und Peter Sloterdijk (19 Uhr in der Kirche).

Wie gestern Erika Rehlein, die Beauftragte für die Dreihundertjahrfeier, bei der Vorstellung des Jubiläumsprogramms darlegte, sind für das ganze Jahr Veranstaltungen geplant, die auf die Geschichte der Hugenotten, ihre Aufnahme in Berlin und Brandenburg und speziell auf die Historie des Gotteshauses am Gendarmenmarkt aufmerksam machen, sich aber auch mit brandaktuellen Themen wie „Menschenrechte und Flüchtlingsschutz in Europa“ befassen. Ergänzend zu einer ab Oktober 2005 laufenden Ausstellung im Deutschen Historischen Museum über die Vertreibung der Hugenotten durch den französischen Sonnenkönig Ludwig XIV. werden im Französischen Dom Informationsveranstaltungen sowie von Schülern gestaltete Projekte angeboten. Das Hugenottenmuseum zeigt dazu passend wertvolle Exponate, und außerdem hat die Gemeinde eine Sammlung von Erinnerungen an die neuere Geschichte des Französischen Doms, seine Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau angelegt. Dem Thema „Flucht und Aufnahme“ ist auch der 44. Hugenottentag in Schwedt an der Oder vom 27. bis 29. Mai gewidmet. Viele Teilnehmer werden sich ein Vergnügen machen, den Französischen Dom am Gendarmenmarkt zu besuchen. Der aus der Zeit Friedrichs des Großen stammende Turm zeigt sich dann zwar noch verhüllt, weil er saniert und restauriert werden muss, die eigentliche, nunmehr 300 Jahre alte Kirche ist offen und hofft auf großen Zuspruch und einen Zugewinn an öffentlicher Aufmerksamkeit. Karten können unter 030/2041507 oder 030/20649922/23 bestellt werden, das ganze Programm ist im Internet unter www.franzoesischer-dom.de veröffentlicht.

Helmut Caspar

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