Üb immer Treu und Redlichkeit -
In Potsdam wurde der Grundstein für den Wiederaufbau der auch auf Münzen von 1934 dargestellten Garnisonkirche gelegt



Friedrich II., der Große, blickt, in Bronze gegossen, auf die Potsdamer Garnisonkirche. Sie brannte beim Bombenangriff vom 14. April 1945 ab und wurde 1968 abgerissen. Bis 2017 soll sie wieder aufgebaut werden. (Foto aus der Zeit vor der Zerstörung von Gerhard Caspar)

Gut drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde am 14. April 1945 die alte preußische Residenz- und Garnisonstadt Potsdam von britischen Bombern zerstört. Tausende Menschen starben im Feuersturm, wertvolles Kulturgut ging zu Grunde. Bei der Erstürmung der von den Nationalsozialisten kurz vor Toresschluss noch zur „Festung“ erklärten Stadt durch die Rote Armee wurden Ende April 1945 weitere Gebäude in Trümmer gelegt. In den frühen Fünfzigerjahren begann der zaghafte Wiederaufbau der in Trümmern liegenden barocken Innenstadt. Doch wurden die Arbeiten aus ideologischen Gründen vom SED-Chef Walter Ulbricht gestoppt. So wenig wie möglich sollte in der „sozialistischen Bezirkshauptstadt“ Potsdam an die alte, die verhasste Preußenzeit erinnern. Ulbricht veranlasste den Abriss des im 17. und 18. von den brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Königen erbauten Stadtschlosses, für dessen Wiederaufbau bereits Pläne vorlagen. Außerdem verfügte er die Beseitigung der Ruine der unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. „zur Ehre Gottes“ erbauten Garnisonkirche, wie es auf einer Inschriftenplatte über dem Portal hieß. Auch für sie gab es schon Wiederaufbaupläne, doch wurden sie vom Tisch gefegt und alle Befürworter der Neugeburt dieses auch für die Stadtsilhouette wichtigen Gotteshauses mundtot gemacht. In ihm wurden 1740 und 186 zwei Preußenkönige – Friedrich Wilhelm I., der Bauherr, und sein Sohn Friedrich II. den man den Großen nannte, bestattet. Vor den Gräbern schworen der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. und der russische Zar Alexander I. 1805 einander ewige Treue, ein Jahr später soll der französische Kaiser Napoleon I. beim Besuch der Königsgruft mit dem Blick auf den Sarg Friedrichs des Großen gesagt haben, wenn dieser noch lebte, stände er, Napoleon I., nicht hier.

Bis 2017 soll die barocke Garnisonkirche, von der bis zur Zerstörung das Glockenspiel den Choral „Üb immer Treu und Redlichkeit“ nach einer Arie des Papageno in Mozarts „Zauberflöte“ erklang, als Gotteshaus und Versöhnungszentrum aufgebaut werden. Doch steht völlig in den Sternen, wie am Ende der Neubau aussehen soll und wer das ehrgeizige Vorhaben, das mit dem Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche verglichen wird (von der allerdings noch sehr viel Originalsubstanz vorhanden war, was im Fall der Garnisonkirche völlig fehlt!) bezahlen soll. Die sechs Millionen Euro, die die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel bisher gesammelt hat, werden nicht ausreichen, und das Land Brandenburg, die Stadt Potsdam und auch die Kirche haben kein Geld. Wie dem auch sei, am 60. Jahrestag des britischen Bombenangriffs auf Potsdam wurde der Grundstein für den Wiederaufbau gelegt, und ein Anfang ist gemacht.

Münzsammlern ist das Gotteshaus mit seinem 88 Meter hohen Turm vor allem durch silberne Zwei- und Fünfmarkstücke bekannt, die 1934 zur Erinnerung an den berühmt-berüchtigten „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 geprägt wurden. Damit wurde in der NS-Zeit jener Tag bezeichnet, an dem in einem feierlichen, durch den Reichsrundfunk in alle Himmelsrichtungen übertragenen Staatsakt in der Garnisonkirche der greise Reichspräsident Paul von Hindenburg symbolisch die exekutive Gewalt in die Hände des von ihm bereits am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannten Führers der NSDAP Adolf Hitler übertrug. Der vom Propagandaminister Joseph Goebbels vorbereitete und breit in allen Medien ausgeschlachtete Handschlag zwischen dem greisen Generalfeldmarschall und Reichspräsidenten und dem artig in einen Frack gehüllten Reichskanzler vor den Königsgräbern wurde von den Nazis sowie Deutschnationalen und Konservativen als Bündnis des alten Reichs mit der jungen Kraft, nämlich Hitler, gefeiert und fand auch im Ausland große, meist positive Aufmerksamkeit. An der Bahre des großen unsterblichen Friedrich beginne das neue Werk des Wiederaufbaues, versprach Hitler, meinte aber die unbarmherzige Verfolgung jedweder Opposition und die Errichtung eines Führerstaates, der sich anschickt, in den Krieg zu marschieren. Wenige Tage nach jenem Staatsakt begann am 1. April 1933 der Boykott jüdischer Geschäfte sowie die Ausgrenzung und Verfolgung aller Bürger, die nicht ins rassistische Konzept der neuen Herren passten.

Die Münzen von 1934 mit der Ansicht der Garnisonkirche wurden in allen fünf deutschen Prägeanstalten in Millionenauflagen hergestellt. Es kommen Ausgaben mit dem Datum 21. März 1933 zwischen zwei Hakenkreuzen und ohne dieses Datum vor. Wurden in der Weimarer Republik Gedenkmünzen mit der aus der Nationalhymne stammenden Randschrift „Einigkeit und Recht und Freiheit“ geprägt, so tragen die neuen Münzen die Parole „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“. Mit ihr sollte der von den Nazis propagierte Gedanke der Volksgemeinschaft gestärkt werden.

Der Wiederaufbau der auch auf Medaillen dargestellten Garnisonkirche ist umstritten, weil befürchtet wird, sie könne wegen des „Tags von Potsdam“ irgendwann einmal zum Wallfahrtsort von Neonazis, Monarchisten und ähnlichen zwielichtigen Personen werden. Bürgerinitiativen halten das für unsinnig, und Politiker versprachen bei der Grundsteinlegung für die neue Garnisonkirche, solchen Machenschaften konsequent einen Riegel vorzuschieben.

Helmut Caspar

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