Eine Grube voller Gebeine -
Archäologen wurden in einer Kapelle der Berliner Marienkirche fündig


Eine unbekannte Gruft wurde jetzt in der Berliner Marienkirche archäologisch erschlossen. (Foto: Caspar)

Sterbliche Überreste von zahlreichen Menschen wurden jetzt bei Grabungen in der Marienkirche unweit des Berliner Fernsehturms gefunden. Die Grabungen des Landesdenkmalamtes in einem Anbau des mittelalterlichen Gotteshauses, der Marienkapelle, wurden wegen des Einbaues einer Fußbodenheizung nötig. Wie Grabungsleiter Uwe Michas erklärt, gab es seit dem späten 18. Jahrhundert aus hygienischen Gründen in der Kapelle keine Bestattungen mehr. Möglich sei, dass ein Teil der gut erhaltenen Schädel, Rippen, Arm- und Beinknochen und anderen Relikte aus anderen, älteren Gräbern innerhalb der Marienkirche stammen. Nach einem Zeitungsbericht von 1893 über die Umbauten der Marienkirche unter der Leitung des Berliner Stadtbaurats Hermann Blankenstein hätten sich die Arbeiter über üble Gerüche beklagt, als sie einige dieser Familiengrüfte öffneten, die das Kirchenschiff säumten. Es könne sein, so Michas, dass man die dort gefundenen Gebeine gesammelt und nach alter Tradition in der Marienkapelle erneut beigesetzt hat.

Eine zeitliche Bestimmung der Funde ist laut Michas kaum möglich, weil Knochen und weitere Fundstücke bunt durcheinander gewürfelt sind. Er geht davon aus, dass das Mittelalter wie auch die Barockzeit vertreten sind.

Kulturgeschichtliches Interesse verdienen offenbar aus dem 18. Jahrhundert stammende Reste von Flaschen, die aus märkischen Glashütten stammen, sowie von bemalter Keramik. Ausserdem haben die Archäologen Finger- und Ohrenschmuck gefunden, und auch Tonpfeifen und ein Rasierpinsel seien geborgen worden. Demnächst wird die Grube wieder verfüllt, und auch die Gebeine sollen ein würdiges Begräbnis erhalten. Über den Plan, einen Teil der mittelalterlichen Fundamente offen zu halten und für Besucher sichtbar zu machen, ist noch nicht entschieden.

Helmut Caspar

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