Infobox für den Berliner Schlossplatz
Wiederaufbau als "Palast der Kontinente" könnte in zwei Jahren beginnen

Lange war es ruhig um das Berliner Schloss, jetzt haben sich die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Förderverein Berliner Schloss e. V. und andere künftige Nutzer zurück gemeldet und ihre Pläne vorgestellt. Wenn alles gut geht, steht in einem Jahr auf dem Berliner Schlossplatz eine Infobox mit Etagen und einer Dachterrasse, und in ein paar Jahren für 580 Millionen Euro ein ganzes Schloss. Aussen mit der barocken Schlüterfassade, benannt nach dem Baumeister Andreas Schlüter, innen mit nachgebauten Prunksälen und Treppenhäusern, dem überdachten Schlüterhof, der dann der schönste Tanz- und Bankettsaal Berlins sein wird, sowie ganz neutral gestalteten Räumen für Ausstellungszwecke. Das Gebäude mit einer Gesamtnutzungsfläche von 66 000 Quadratmetern soll im Wesentlichen von den Staatlichen Museen zu Berlin, der Humboldt-Universität und der Landesbibliothek genutzt werden und wird, davon ist der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, überzeugt, ein kulturelles und in der Verbindung von Klassik und Moderne ein architektonisches Highlight in der Mitte der Hauptstadt werden.

Lehmann zeigte sich gestern (Mittwoch, 30. 7.) bei einem Ortstermin im Stein- und Figurendepot der Staatlichen Museen draußen in Hohenschönhausen optimistisch, dass diese Vision trotz aller Unkenrufe über kurz oder lang Realität wird. Er und der Vorsitzende des Fördervereins Berliner Schloss e. V., Wilhelm von Boddien, unterzeichneten eine Erklärung, in der sich beide Partner auf eine enge Zusammenarbeit sowie die Errichtung und Ausstattung der Infobox verständigen. „Die Weichen für den Wiederaufbau des Schlosses wurden 2002 vom Deutschen Bundestag gestellt. Jetzt geht es in die Planungsphase, für die wir zwei Jahre veranschlagen. In dieser Zeit soll in der Infobox auf der Stelle, wo jetzt noch das BKA-Zelt steht, umfassend über Form und Zweck des Schloss-Wiederaufbaues berichtet werden“, so Lehmann. Zur Zeit laufen die Ausschreibungen für das in Analogie zur Info-Box auf dem Potsdamer Platz erbaute Schauhaus. Die Kosten für das Schauhaus am Rande des Schlossplatzes stehen noch nicht fest, sollen aber privat erbracht werden.

Achtzig Prozent des „Neuen Schlosses“ werden kulturell genutzt, zwanzig Prozent kommerziell etwa für internationale Tagungen oder als Restaurant. Der Stiftungspräsident ist zufrieden, dass die Kultur im Nutzungskonzept dominiert. Wäre es anders herum, dann wäre das Schloss eine „geschlossene Abteilung“, und niemandem wäre zu vermitteln, warum es in der alten Hülle, jedoch mit neuem Inhalt aufgebaut werden sollte.

Wilhelm von Boddien sieht die Info-Box als hervorragenden Werbeträger für den Wiederaufbau. Hier können sich Besucher bei freiem Eintritt nicht nur über den Fortgang der Planungen überzeugen, sondern auch Bildhauern bei der Fertigung von Architekturdetails der Schlossfassade über die Schulter schauen. „Wir versprechen uns von der Box einen Zugewinn an Akzeptanz für den Schlossbau, denn wenn man erst einmal die Bilder und Computersimulationen sieht und auch Sandsteinreliefs, -säulen und -figuren anfassen kann, wird man vielleicht auch seine Skepsis gegenüber dem gesamten Projekt ablegen“, ist von Boddien überzeugt. In die Barockfassade sollen so viel wie möglich Originalsteine eingefügt werden. Dass davon eine große Zahl in relativ gutem Zustand erhalten ist, ergab die Inspektion des Steindepots, in dem auch Bruchstücke und Säulen von Bauten auf der Museumsinsel gelagert sind.

Dass die Fassade millimetergetreu rekonstruiert werden kann, demonstrierte der Architekt Rupert Stuhlemmer an einem Schlossfenster. Seine Maße und Formen wurde mit ausgefeilter Computertechnik unter Zuhilfenahme von alten Aufrissen und Messbildaufnahmen aus der Zeit um 1900 präzise ermittelt. Ein Anfang zur Rekonstruktion der Schlossfassade ist damit gemacht. Die 80 Millionen Euro, die das barocke Steinkleid kosten soll, will Wilhelm von Boddien durch einen Aufruf an private Spender – große und kleine, wie er sagt – zusammen bekommen. Zumindest um diesen Betrag wären dann die Wiederaufbaukosten entlastet. Wie die halbe Milliarde Euro angesichts leerer Kassen von der öffentlichen Hand aufgebracht werden soll, wurde gestern allerdings nicht verraten. Das sei eine offene Situation, so Stiftungschef Lehmann. Je mehr die Öffentlichkeit, geleitet auch durch die Infobox und die Medien, für das Projekt eingenommen werden kann, um so eher könne mit der Realisierung begonnen werden.

Helmut Caspar

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