Steinschlag gefährdete Besucher - Sicherung und Sanierung der Berliner Klosterkirche kommt voran


Die zur Zeit eingerüsteten Mauern der Klosterkirche
werden jetzt gesichert. (Foto: Caspar)


Die im 13. und 14. Jahrhundert erbaute und danach immer wieder erweiterte Klosterkirche an der Klosterstraße in Berlin-Mitte gehört, obwohl nur noch als Ruine aus dem Zweiten Weltkrieg erhalten, zu den Perlen der mittelalterlichen Baukunst in der Hauptstadt. Mit dem Podewilsschen Palais, der Parochialkirche sowie dem Alten Stadthaus bildet das selbst noch als Torso eindrucksvolle Gotteshaus ein Ensemble, das, obwohl nur wenige Schritte vom Alexanderplatz entfernt, recht wenig bekannt ist. In den kommenden Jahren soll das abends und nachts ziemlich menschenleere Klosterviertel unter Einbeziehung der historischen Architektur neu bebaut und damit belebt werden. Ob das im Krieg zerstörte und danach beseitigte berühmte Gymnasium zum Grauen Kloster neben der Klosterkirche je seine Wiedergeburt erlebt, wie es einem Förderverein vorschwebt, steht allerdings wegen der völlig offenen Finanzierungsfrage in den Sternen. Viel realer ist die Nutzung der Klosterkirchen-Ruine als Kulturstandort und Freilichtmuseum, wenn sie bis Ende 2004 saniert und gesichert sein wird.

Die Kosten in Höhe von 1,7 Millionen Euro teilen sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Deutsche Klassenlotterie, die Berliner Cornelsen Kulturstiftung, aber auch der Bund und das Land Berlin. Die Sanierung war längst fällig, denn Besucher durften die nach oben offene Klosterkirche in letzter Zeit nicht mehr betreten, weil Steinschlag und Unfälle befürchtet wurden. Zur Zeit sind die mächtigen Kirchenwände eingerüstet. Maurer füllen Mörtelfugen, wechseln desolate Steine im Klosterformat gegen solche aus der Ziegelei in Glindow (Landkreis Potsdam-Mittelmark) aus, festigen das aus Feldsteinen bestehende Fundament. „Da Regen- und Schmelzwasser nicht in die Mauerkrone fließen soll, wird sie durch eine Betonabdeckung geschützt. Wo die Schutzschicht und das darauf liegende Kupferblech schadhaft sind, müssen sie erneuert werden“, sagt Bauleiter Gerhard Wenzel von der Denkmalpflege Berlin GmbH. Ab Frühjahr 2004 wird in einem zweiten Bauabschnitt der Chorbereich mit den Kirchenfenstern saniert, die einstige Pracht ahnen lassen. Ausserdem müssen die Decken der noch aus dem Mittelalter stammenden Kellergewölbe auf ihre Statik überprüft und gegebenenfalls erneuert werden. Da die Fußbodensteine durch Regenwasser und Frostaufbrüche gelitten haben, wird unbrauchbares Material durch neues ausgewechselt.

Wie Projektleiter Helmut Schermeyer von der S.T.E.R.N. Gesellschaft für behutsame Stadterneuerung ergänzt, ist eine Überdachung der Klosterkirche nicht geplant. Sie war vor einiger Zeit erwogen worden, weil sie dem alten Gemäuer den wirksamsten Schutz gewährt. „Ein Dach wäre viel zu teuer und widerspräche auch dem Charakter des Baudenkmals“, erklärt Schermeyer. Die Klosterkirchen-Ruine werde als Torso erhalten und sei in diesem Zustand auch ein Mahnmal gegen den Krieg.

Manfred Strehlau, der Vorsitzende des 1992 gegründeten Fördervereins Klosterkirche, hofft, dass sich die Klosterkirche, wenn sie denn in einem Jahr wieder öffentlich zugänglich ist, als fester Bestandteil der Berliner Kulturszene etabliert. „Wir denken an die Nutzung als Schaustelle Berliner Künstler, vor allem der Bildhauer, die im Kirchenschiff das ganze Jahr über ihre Werke ausstellen können. Wir haben in den letzten Jahren damit bereits gute Erfahrungen gemacht, allerdings war die Nutzung der Ruine wegen des Steinschlags eingeschränkt“, sagt Strehlau, der selber Bildhauer ist. Große Veranstaltungen, etwa Gottesdienste unter freiem Himmel oder Konzerte mit vielen Besuchern, waren unter diesen Umständen nicht möglich, seien aber geplant, sobald die Bauarbeiten beendet sind.

Nach der Einführung der Reformation im jahr 1539 waren im Kurfürstentum Brandenburg alle Klöster aufgehoben worden. Im Grauen Kloster behielten die grau gekleideten Franziskanermönche lebenslanges Wohnrecht. Kurfürst Johann Georg gründete 1574 durch Zusammenlegung zweier Lateinschulen ein Gymnasium, dem er das ehemalige Kloster samt Kirche zuwies. Mit der Zeit entwickelte sich das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster zur wichtigsten Lehranstalt der brandenburg-preußischen Hauptstadt. Hier erhielten künftige Beamte, Geistliche und Militärs das nötige Rüstzeug, um an den Universitäten in Frankfurt an der Oder, Königsberg, Wittenberg oder Leipzig studieren zu können. Die Hohenzollern förderten die Lehranstalt nach Kräften und unterstützten sie mit Geldzuwendungen. Wohlhabende Lehrer und Schüler stifteten ihr Bücher, Manuskripte, Gemälde und Bargeld. In der Landesbibliothek ist der Nachlass des als Kaufmann in Venedig erfolgreichen Absolventen Sigismund Streit erhalten, die Berliner Gemäldegalerie betreut seine dem Grauen Kloster vermachten Bilder. Grabsteine, Gemälde und andere Ausstattungsstücke der Klosterkirche sind im Märkischen Museum und in der Marienkirche erhalten. Zu den bekanntesten Schülern des Grauen Klosters gehören der Bildhauer Johann Gottfried Schadow, der Architekt Karl Friedrich Schinkel sowie Friedrich Ludwig Jahn, der als Turnvater im Grauen Kloster den Sportunterricht einführte. Auch der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck und der Chef der AEG Emil Rathenau waren Schüler des Grauen Klosters.

Im Zweiten Weltkrieg zerstört, existierte das Gymnasium weiter an verschiedenen Orten im Ostteil Berlins, musste aber 1958 seinen Namen ablegen und hieß nur noch 2. Erweiterte Oberschule. Um die Tradition zu retten, gründete die Evangelische Kirche 1963 in West-Berlin das Evangelische Gymnasium zum Grauen Kloster.

Helmut Caspar

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