Mehr Respekt für kulturelle Werte -
Kritik an Wiederaufbauplänen für das Neue Museum



Historisch oder teilweise modern - um den Wiederaufbau des Neuen Museums gibt es seit Jahren Streit. (Foto: Caspar)

Das Neue Museum auf der Berliner Museumsinsel ist eine große Baustelle. In den kommenden Jahren soll die Kriegsruine als Heimstatt der ägyptischen Altertümer der Staatlichen Museen aufgebaut werden. Die Gesellschaft Historisches Berlin (GHB) übt heftige Kritik am Umgang mit der historischen Substanz und fordert von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mehr Respekt für bauliche Werte.

Seit Jahren kämpft der Verein für eine weitgehende Wiederherstellung der historischen Bauform des Museums, das in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Plänen des Architekten Friedrich August Stüler errichtet wurde. Das spätklassizistische Haus mit seiner kostbaren Innenausstattung sei viel zu wertvoll, als dass es durch rigorose Ein- und Zubauten verunstaltet werden dürfte, sagte GHB-Vorsitzende Birgit Lucas bei der Vorstellung einer Broschüre, die sich kritisch mit dem geplanten Wiederaufbau des 1943 zum Teil zerstörten und nach dem Krieg nur gesicherten Museums auseinandersetzt.

Zwar habe es laut Lucas in der Spätzeit der DDR Pläne zum authentischen Wiederaufbau für das direkt am Kupfergraben gelegene Gebäude gegeben, doch seien sie wegen der technisch schwierigen Sicherung und Erneuerung der Fundamente nicht verwirklicht worden. Dies sei erst nach der Wiedervereinigung möglich gewesen. Doch hätten sich zu allem Unglück „unsensible Modernisierer“ durchgesetzt. Zwar seien geradezu abenteuerliche Wiederaufbaupläne aus den neunziger Jahren vom Tisch, doch gehe nach Meinung der GHB die zur Ausführung bestimmte Konzeption des britischen Architekten David Chipperfield viel zu weit, sei gar „eine schallende Ohrfeige“ für alle diejenigen, die sich für die denkmalgerechte Rekonstruktion nach Stülers Plänen einsetzen.

Die jetzt massiv vorgetragene und durch eine Publikation untermauerte Kritik der Gesellschaft Historisches Berlin richtet sich unter anderem gegen die Idee, die Wunden, die der Krieg in das Haus geschlagen hat, sichtbar zu lassen und verloren gegangene Gebäudeteile einschließlich des großen Treppenhauses „modern“ auszubauen. Nicht hinzunehmen seien auch willkürliche Veränderungen in der Abwicklung der Fassade zum Kupfergraben hin.

Birgit Lucas wies mit großem Nachdruck auf die Verpflichtungen der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz hin, die sich aus der Gewährung des UNESCO-Status für die Berliner Museumsinsel ergeben. Die Aufnahme des aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert stammenden Ensembles in die Liste des Weltkulturerbes sei mit der Auflage verbunden, äußerst pfleglich mit der historischen Bausubstanz umzugehen und rigorose Eingriffe, wie sie das von der Preußenstiftung favorisierte Chipperfield-Konzept vorsieht, zu vermeiden. Da der Stülerbau durch Pläne und Fotos, aber auch durch originale Bauteile und Ausstattungsstücke sowie Malereien gut dokumentiert ist, sei ein Umsteuern dringend geraten und auch heute noch möglich. „Wir werden nicht nachlassen in unserem Ringen um die historischen Werte, die im Neuen Museum stecken, und wollen uns in dieser Angelegenheit auch an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages in der Hoffnung wenden, dort Gehör für pfleglichen Umgang mit dem baulichen Erbe zu finden“, kündigte Birgit Lucas kämpferisch an. Anfragen zum Thema bei der Gesellschaft Historisches Berlin, Telefon 030/20454746 oder im Internet www.GHB-online.de.

Helmut Caspar

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