Keimzelle des Berliner Bankenviertels -
Mendelssohn Gesellschaft lädt zur Erkundungen der „Geschichtsmeile Jägerstraße“ ein



Das Bildnis des jüdischen Philosophen und Stammvaters der Familie Moses Mendelssohn (1729-1786) schmückt das 1890 enthüllte Lessingdenkmal im Berliner Tiergarten. (Foto: Caspar)

In Berlin gibt es noch viel zu entdecken. Die Straßen, Plätze und Häuser wimmeln nur von Geschichten, man muss sie nur erforschen und aufschreiben. Die Jägerstraße im Bezirk Mitte beispielsweise ist eine solche Straße, die langsam ihre Geheimnisse preisgibt. Hier befand sich vor 200 Jahren die Keimzelle des Berliner Bankenviertels, hier in unmittelbarer Nähe des Gendarmenmarktes besaß die Bankiersfamilie Mendelssohn mehrere Häuser. Zu ihren berühmtesten Mitgliedern gehörten der jüdische Philosoph Moses Mendelssohn und seine Enkelkinder, die Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy und seine Schwester Fanny Hensel, geborene Mendelssohn. In einer musikalisch-literarischen Soiree, die vor kurzem in der Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg in der Jägerstraße 1-3 stattfand, wurde in unterhaltsam-nachdenklicher Weise die Meldelssohnsche Familiengeschichte anhand von Briefen, Liedern und Kammermusik dokumentiert. In dem vornehmen Haus aus der Kaiserzeit residierte lange Zeit der großbürgerliche„Club von Berlin“; nach 1945 lud hier der „Club der Kulturschaffenden“ des Kulturbunds der DDR zu Ausstellungen und Veranstaltungen ein.

In der sehr gut besuchten Soiree wurde viel von den Beziehungen zwischen Berlin und Hamburg gesprochen, denn das Bankhaus Mendelssohn war zeitweilig auch in der Elbmetropole ansässig. Moses Mendelssohn, der Philosoph und Seidenhändler, hatte die Hamburgerin Fromet Gugenheim zur Frau und begründete mit ihr die weit verzweigte Familie. Sein Bildnis schmückt das Lessingdenkmal im Tiergarten und weist damit auf die freundschaftlichen Beziehungen zu dem Dichter Gotthold Ephraim Lessing hin. Zum Christentum konvertierte Nachfahren von Moses Mendelssohn gehörten als Bankiers und Wissenschaftler zu den Spitzen des deutschen Kaiserreichs. Einige erhielten sogar den Adelstitel. In Hamburg entstand während der Weimarer Republik unter Albrecht Mendelssohn Bartholdy, einem Enkel des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy, das erste deutsche Friedensforschungsinstitut. Der bedeutende Völkerrechtler wurde von den Nazis aus seinem Amt vertrieben und starb 1936 im englischen Exil.

Der Arbeitskreis Geschichtsmeile Jägerstraße, eine Initiative der Mendelssohn-Gesellschaft Berlin e. V., macht sich die Erforschung der berühmten Straße und weiterer Wirkungsstätten quer durch die Stadt zur Aufgabe und lädt regelmäßig zu Veranstaltungen und Führungen ein. Interessenten sind immer herzlich willkommen, auch solche, die zur Stadt- und Straßengeschichte beitragen können. Informationen über das reichhaltige Programm und Anfragen über Mitgliedschaften und Tätigkeit des Vereins unter Telefon 030/834 55 51 und im Internet: www.mendelssohn-gesellschaft.de.

Helmut Caspar

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