Hoffnung auf bessere Einsicht -
Akademie der Künste gab Katalog ihrer verlorenen Schätze heraus



Zu den Kriegsverlusten gehört auch dieses Selbstporträt des jungen Adolph Menzel aus dem Jahr 1834. (Foto: AdK)

Im Jahre 1956 gab die Sowjetunion zahlreiche Kunstwerke an die DDR zurück, die die Rote Armee in Stalins Auftrag als Beutegut nach Moskau, Leningrad (Sankt Petersburg) und andere Städte der UdSSR mitgenommen hat. Auch die Akademie der Künste in Ost-Berlin erhielt Teile ihres Besitzes zurück, doch nicht alles. Die Verluste aufzulisten glich einer Sisyphusarbeit, denn viele Inventare waren verloren oder nicht präzise genug. Jetzt liegt das Ergebnis jahrzehntelanger Recherchen in Gestalt des von Ingrid Hägele, Gudrun Schmidt und Gudrun Schneider verfassten Katalogs „Kriegsverluste der Preußischen Akademie der Künste“ (202 S., zahlreiche Abbildungen, 7,50 Euro, ISBN 3-88331-084-0) vor. Bei der Präsentation der als 12. Folge der Schriftenreihe „Archiv-Blätter“ publizierten Dokumentation beschrieb gestern die Leiterin der Kunstsammlung, Gudrun Schmidt, die Verluste der Akademie als unfassbar und überaus schmerzlich. Zu den 2188 in dem Katalog aufgeführten Gemälden, Skulpturen, Zeichnungen und druckgrafischen Werken sowie 671 Aktenstücken müssten noch weitere 18 000 grafische Blätter und andere Kostbarkeiten gerechnet werden, über die es nur globale Vorstellungen gibt. Besonders schmerzlich seien die Verluste bei Arbeiten von Carl Blechen und Johann Gottfried Schadow, Daniel Chodowiecki und Anton Graff, Adolph Menzel, Antoine Pesne, Augustin Terwesten und Bernhard Rohde.

Die Akademie hegt Hoffnung, dass nicht alles unwiederbringlich zerstört ist, sondern vieles in russischen Museen und Archiven aufbewahrt wird. So gelang es der Berliner Kunsthistorikerin Jelena Findeisen, im Moskauer Architekturmuseum Dutzende für die Geschichte des Denkmals Friedrichs des Großen Unter den Linden in Berlin und des Luther-Denkmals in Wittenberg wichtige Vorentwürfe namhafter Künstler aus der Zeit um 1800 aufzuspüren. Allerdings durfte sie die Blätter nicht reproduzieren, sondern konnte nur schnelle Handskizzen anfertigen, die aber eine klare Identifizierung der Vorlagen als Stücke aus dem Besitz der Berliner Akademie erlauben.

Der jetzt veröffentlichte Katalog, der auch demnächst im Internet unter www.adk.de gelesen werden kann, geht an zahlreiche Museen und Sammlungen, an Polizeibehörden und Auktionshäuser, denn für den Fall, dass das eine oder andere mit einem Akademie-Stempel versehene Blatt oder Buch auftaucht, kann es schnell identifiziert werden.

Dass die Veröffentlichung solcher Verlustkataloge die russische Politik beeindruckt, ist kaum zu erwarten. Dennoch setzte sich gestern Wolfgang Maurus, Leiter des Referats „Rückführung von Kulturgut und Deutsch-russische Kulturbeziehungen“ bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, für „aktive Geduld und langen Atem“ ein. Hektische Anstrengungen, die von Russland ohne triftigen Grund und gegen alles Völkerrecht zurück gehaltenen Beutestücke zurückzuführen, würden zu nichts führen. Gefragt seien ein Mentalitätswechsel, ein Umdenken im Land, ganz ausgeschlossen ein „Abkauf“ der gesuchten Stücke. Nach wie vor gelte der Grundsatz „Völkerrecht bleibt Völkerrecht“. Und außerdem habe 1907 das damals zaristische Russland in die Haager Landkriegsordnung schreiben lassen, dass im Krieg erbeutete Kunstgegenstände zurückzugeben seien. Auch wenn sich Russland jetzt noch durch eigene Gesetze blockiert, müsse das nicht ewig so sein.

Helmut Caspar

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