Siegeskolonnade als Point de vue -
Vor 235 Jahren wurden das Neue Palais und die Communs in Potsdam vollendet



Bis 2012 wird die Kolonnade im Park von Sanssouci, ein Meisterwerk barocker Bildhauerkunst (rechts aussen Teil der Communs) restauriert. Foto: Caspar

In den kommenden Jahren wird eines der großartigsten und zugleich eines der am wenigsten bekannten Bauwerke aus der Zeit Friedrichs II. restauriert – und alle können zuschauen. Es geht um die Kolonnade beim Neuen Palais, mit der der hintere Teil des Parks von Sanssouci abgeschlossen wird. Der König von Preußen hatte diese reich mit Figuren geschmückte Säulenreihe zwischen zwei palastartigen Bauten, den Communs, zeitgleich mit dem Neuen Palais als großartigen Blickpunkt sowie prächtiges Erinnerungsmal an den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) errichten lassen. Die Kolonnade ist eine der aufwändigsten Bildhauerarbeiten der Zeit Friedrichs des Großen. Sie wird in den kommenden Jahren umfassend restauriert und stellt die daran beteiligten Bildhauer und Steinspezialisten vor große Herausforderungen. Die Preußische Schlösserstiftung will dafür sorgen, dass die Baustelle auch eine Schaustelle ist. Interessenten soll es ermöglicht werden, den Restauratoren über die Schulter zu blicken. Die schon vor Jahren mit mäßigem Erfolg begonnenen, jetzt aber forcierten Arbeiten sollen spätestens zum 300. Geburtstag des königlichen Erbauers im Jahr 2012 abgeschlossen sein.

Friedrich II. hatte schon vor dem letzten der drei Kriege um den Besitz von Schlesien Pläne für ein repräsentatives Schloss im hinteren Teil seines Parks. Hier wollte er sich seine Wohnung einrichten, und ausserdem sollten in den prächtig ausgestatteten Appartements fürstliche Gäste beherbergt werden. Im 19. Jahrhundert war das Neue Palais eine von den Hohenzollern bevorzugte Sommerresidenz. Hier starb am 15. Juni nach nur 99 Tagen Regentschaft der „99-Tage-Kaiser“ Friedrich III., und hier unterzeichnete sein Sohn Wilhelm II. am 31. Juli 1914 eine Verordnung über den Kriegszustand des Kaiserreiches. Damit trat Deutschland in den Ersten Weltkrieg ein, an dessen Ende der Kaiser abdanken, das Neue Palais verlassen und ins Exil gehen musste.

Das spätbarocke Neue Palais wurde von 1763 bis 1769 nach Plänen von Johann Gottfried Büring, Jean Laurent Le Gay, Carl von Gontard und anderen erbaut, ein riesiger Palast, auf dessen mächtiger Kuppel drei Grazien die preußische Königskrone tragen. Angeblich sollen sie drei Frauen repräsentieren, mit denen der Preußenkönig in kriegerischem Streit lag – die römisch-deutsche Kaiserin Maria Theresia, Russlands Kaiserin Elisabeth und die Marquise von Pompadour, die auf den mit Preußen verfeindeten französischen König Ludwig XV. großen Einfluss besaß und wie eine Königin herrschte.

Die zum Neuen Palais gehörende Küche und weitere Wirtschafsteinrichtungen, aber auch Unterkünfte für Angehörige des Hofes wurden in den Communs untergebracht. Um das Essen zu transportieren und damit niemand nasse Füße bekam, verbindet ein unterirdischer Gang die pavillonartigen Communs von geradezu königlichem Zuschnitt mit repräsentativen Treppenanlagen und Kuppeln mit vergoldeten Figuren obenauf mit dem Neuen Palais.

Die 1766 bis 1769 erbauten und Ende des Zweiten Weltkriegs beschädigten Communs werden jetzt von der Universität Potsdam genutzt. In den vergangenen Jahren sind sie restauriert worden. Verbunden werden sie durch eine halbkreisförmige Kolonnade in korinthischer Ordnung. Mit diesem überaus prächtigen Säulengang, der zu Unrecht ein wenig im Schatten des gegenüber liegenden Neuen Palais und anderer Berühmtheiten in Sanssouci steht, findet der Schlosspark einen ebenso aufwändig wie dekorativen, aber auch inhaltlich sehr aussagestarken Abschluss. Die von den Brüdern Räntz, Kaplunger, Wohler und anderen Bildhauern ausgeführten Skulpturen der Kolonnade korrespondieren mit dem reichen Figurenschmuck an der Hofseite des Neuen Palais.

Ein Triumphtor in der Mitte des Säulenganges bildet den Blick- und Höhepunkt der Anlage. Auf sie laufen, ausgehend von zwei seitlichen Pavillons mit Obelisken obenauf, die gebogenen Säulenreihen zu. Die Jahreszahl MDCCLXIX (1769) verweist auf das Ende der Bauarbeiten am Neuen Palais sowie den Communs und der Kolonnade vor genau 235 Jahren. Eine ausdrücklich auf Preußens Kriege und Siege bezogene Widmung fehlt. Erst bei genauem Hinsehen erschließt es sich dem Betrachter, dass der Säulengang sowohl ein Sieges- als auch ein Friedensdenkmal ist.

Unausgesprochen, aber unübersehbar ist die Kolonnade am Ende des Parks von Sanssouci als Denkmal für Friedrich II., den Kriegsherren und Friedensbringer, gekennzeichnet. Sie ist bedeckt mit figürlichen Anspielungen auf die Kriegstaten und Friedensleistungen Friedrichs des Großen, der allerdings weder durch eine Inschrift, wie in der Barockzeit üblich, erwähnt noch leibhaftig dargestellt wird. Statt seiner ist die königliche Krone überall präsent. Kriegs- und Friedensgötter aus der antiken Mythologie wie Mars, Pallas Athene und Victoria sowie geflügelte Genien und Putten bedecken die Kolonnade und ihre Pavillons. Interesse verdienen Reliefs mit römischen Soldaten beim Tanz und beim Spiel auf Blasinstrumenten. Im Kontrast dazu erkennt man auf anderen Reliefs blutige Kampfesszenen. Damit werden Preußens Kriege und seine Anstrengungen, Frieden und Wohlstand zu gestalten, durch mythologische Allegorien verherrlicht. In ihrem Buch über das Neue Palais in Potsdam (1991) stellen Horst Drescher und Sibylle Badstübner-Gröger mit Blick auf das Bildprogramm der Communs und die sie verbindenden Kolonnade fest, die Penetranz der architektonischen wie der dekorativen Formen lassen diese Baugruppe eher als eine „Fanfanronnade“ erscheinen als das Neue Palais, das Friedrich II. selbst so genannt hat. „Während am Neuen Palais königliche Repräsentation, 'verschlüsselt’, d. h. verallgemeinert dargestellt wird, verherrlicht das dekorative Programm von Kolonnade und Communs unverhohlen preußischen Machtanspruch und absolutistisches Herrschertum. Die militärischen und politischen Erfolge Friedrichs II. im Siebenjährigen Krieg werden hier glorifiziert, und damit sollte dem historischen Anlass seine Sinngebung und eine Rechtfertigung vor einer allgemeingültigen Weltordnung seines Zeitalters verliehen werden“. Die Gültigkeit dieser Beschreibung kann in den kommenden Jahren während der Restaurierung überprüft werden.

Helmut Caspar

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