Gnadenfrist für den Palast der Republik -
Um die Kosten für die Beseitigung des Stahlkolosses gibt es heftigen Streit



Als Hülle für Ausstellungen und Großveranstaltungen ist der Palast der Republik durchaus noch brauchbar. (Foto: Caspar)

Vor dem Neubau des Berliner Schlosses kommt erst einmal der Abriss des Palastes der Republik, und um diesen gibt es heftigen Streit. Vor Wochen verkündete Wilhelm von Boddien, der Vorsitzende des Schlossbauvereins, er habe eine Firma an der Hand, die das von Asbest befreite und im Moment als Ausstellungshalle benutzte Gebäude auf dem Schlossplatz für ganze sieben Millionen Euro abreißen wird. Wenn das Bundesbauministerium von 20 bis 40 Millionen Euro spreche, sei das ein „schlossunfreundlicher Akt“ und soll nur den Palastabriss verzögern. Das Bundesbauministerium sabotiere durch die Herausgabe solcher Zahlen aus politischen Gründen den vom Bundestag beschlossenen Wiederaufbau des Berliner Schlosses, so von Boddien.

Das erstaunlich niedrige Angebot des von Boddien und seinem Schlossbauverein favorisierten Hamburger Abrissunternehmens wird von Kennern als unseriös bezeichnet, denn sie rechnen mit erheblich höheren Kosten. Von 20 bis über 60 Millionen Euro ist jetzt die Rede. Von diesem nicht kleinen Betrag müsste das chronisch klamme Land Berlin ein Drittel aufbringen. Die von Boddien genannten sieben Millionen Euro seien lächerlich, heißt es in der Senatsbauverwaltung. In die Summe seien viele Risikofaktoren nicht eingerechnet, etwa Schäden am Dom und auf der Museumsinsel für den Fall, dass der Palast demontiert wird. Ausserdem müssten die Entsorgungskosten und die Folgen von Umweltbelastungen berücksichtigt werden, die bei der Beseitigung oder Durchlöcherung der meterdicken Betonwanne anfallen, auf der der ausgeschlachtete Stahlkoloss steht.

Das Abrissverfahren wird neu ausgeschrieben, und es kann Monate dauern, bis dann hoffentlich ernstzunehmende Angebote beim Bund und dem Land Berlin eintreffen und die Vergabe stattfindet. Ausserdem ist immer damit zu rechnen, dass unterlegene Wettbewerber gerichtliche Schritte gegen diejenigen Firmen unternehmen, die aus dem Verfahren siegreich hervor gehen. Das ist ihr gutes Recht, und wie man weiß, werden die Gerichte sich Zeit lassen, Gutachten und Gegengutachten zu prüfen. Bis also der Palast der Republik aus dem Stadtbild verschwindet, hat er noch eine Gnadenfrist. Die Berliner und ihre Gäste können sich also noch auf einige spektakuläre Veranstaltungen wie die chinesische Tonkrieger-Schau freuen.

Ungeachtet der Querelen um die Abrisskosten wird demnächst ein Infostand auf dem Schlossplatz errichtet, in dem über die Wiederaufbaupläne für die Hohenzollernresidenz als Humboldt-Forum berichtet wird. Hoffentlich erfährt man dann auch etwas darüber, wie und mit welchen dann realistisch berechneten Kosten der Palast abgetragen wird.

Helmut Caspar

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