Reste der Reichsbank gefunden - Archäologen fanden auf der Brache am Werderschen Markt wertvolle Bauplastik aus der Kaiserzeit




Aus dem Trümmerschutt der kaiserzeitlichen Reichsbank geborgen wurde die Marmorbüste Friedrichs des Großen. (Foto: Caspar)

In der Mitte der Hauptstadt gibt es noch viele Brachen. Überall steht wertvolles, von Unkraut überwuchertes Bauland zum Verkauf. Reklame dieser Art ist auf dem Friedrichswerder nicht mehr nötig. Hier, auf einer lange als Hundeauslaufgebiet und Parkplatz genutzten Fläche nicht weit vom Werderschen Markt, der Friedrichswerderschen Kirche und dem Auswärtigen Amt, entsteht ein neues Wohnquartier – die Berlin-Townhouses. Schon im kommenden Jahr werden auf dem vor über 300 Jahren im Rahmen der barocken Stadterweiterung besiedelten Gelände Neubauten errichtet.

In seiner abwechselungsreichen Gestalt und der Mischung von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Erholung lehnt sich Quartier an die frühere kleinteilige Bebauung des Friedrichwerder an, der 1662 ein eigenes Stadtrecht erhielt und nach dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm benannt ist. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer zeigte sich bei einem Ortstermin zufrieden, dass an dieser Stelle in bester Lage wenige Schritte vom Schlossplatz entfernt neues Leben einzieht.

Doch bevor die Bagger auf dem Friedrichswerder Sand zusammen schieben und sich die Kräne drehen, untersuchten Archäologen vom Berliner Landesdenkmalamt das ehemals eng bebaute Gebiet, das im Zweiten Weltkrieg zum großen Teil zerstört wurde. Erhalten blieb wie durch ein Wunder die Reichsbank, ein 1869 bis 1878 nach Plänen des Architekten Friedrich Hitzig errichteter, aufwendig dekorierter Prunkbau mit Höfen und Hinterhäusern, der einem italienischen Renaissance-Palast nicht unähnlich ist. Nach 1945 wurde das intakte Gebäude dem Verfall preisgegeben und als Steinbruch benutzt. Was man nicht für Neubauten brauchte, wurde in die Keller geworfen. Sand drauf und das Ganze vergessen, war damals die Parole. Während 1958 die kaiserzeitliche Reichsbank verschwunden war, hatte das SED-Zentralkomitee kein Problem, sich in einem aus der Nazizeit stammenden Ergänzungsbau der Reichsbank auf der anderen Seite der Kurstraße breitzumachen. Heute sitzt hier, um einen Anbau ergänzt, das Auswärtige Amt.

Im Vorfeld der Errichtung der Townhouses fanden die Archäologen in den Gruben erstaunlich viele und gut erhaltene Relikte der kaiserzeitlichen Reichsbank. Wie Peter Fuchs vom Landesdenkmalamt bei einem Rundgang erläuterte, werden die aus den Kellern geborgenen Brocken sowie Teile der Tresoranlagen katalogisiert und in ein Depot nach Friedrichsfelde gebracht. Ob und wie einzelne Stücke, etwa tonnenschwere Säulenkapitelle, Furcht erregende Löwenköpfe und andere Zierstücke von der Fassade, aber auch eine Marmorbüste des Alten Fritzen mit abgeschlagener Nase, im Neubaugebiet präsentiert werden, soll noch geprüft werden.

Auf dem weiträumigen Grabungsgelände haben die Bodendenkmalpfleger neben Relikten der Reichsbank auch Grundmauern der ehemaligen Hausvogtei entdeckt, die bis ins 19. Jahrhundert hinein Gefängnis des königlichen Hofgerichts war, sowie Reste der barocken Bebauung. So ordnet Peter Fuchs den Fund von Schmelztiegeln einer in den Akten nachgewiesenen Goldschmiedewerkstatt zu. Im Schutt gefundenes zerschmolzenes Glas und Metallgegenstände erinnern an Feuersbrüste in der Kriegszeit.

Den Townhouses wird sich in Richtung Leipziger Straße ein kleiner Park anschließen, für den ein landschaftsplanerischer Wettbewerb ausgeschrieben wird. In diese Grünfläche soll auch der instandsetzungsbedürftige Spindlerbrunnen einbezogen werden, der jetzt an der Leipziger Straße steht. Wenn er neu aufgebaut wird, rücken die Archäologen noch einmal an.

Helmut Caspar

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