Sklaven kommen unters Skalpell -
Reinigung und Konservierung eines kurfürstlichen Reiterdenkmals hat begonnen /Benefizkonzert am 8. August



Behutsam entfernt Jessica Ulrich schwarzen Belag von einem der Sklaven. (Foto: Caspar)

Dreihundert Jahre hat das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg nun schon auf dem Buckel, und ebenso viele Jahre (oder mehr) soll es noch stehen. Das geht nur, wenn das berühmte Bronzebildwerk restauriert und von schädlichen Ablagerungen befreit wird. Die Preußische Schlösserstiftung hat den Verein der Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e. V. für die dringend notwendige Maßnahme gewonnen. Auch die 1997 von diesem Verein initiierte Museumsshop GmbH wird sich beteiligen. Am 8. August gibt es vor dem Schloss Charlottenhof zudem ein Benefizkonzert, dessen Erlös der Verjüngungskur zugute kommt. Sie bildet den Auftakt für die Feiern zum 300jährigen Stadtjubiläum von Charlottenburg 2005. Nach dem Tod seiner Gemahlin Sophie Charlotte am 1. Februar 1705 erhob ihr Gemahl, Preußens König Friedrich I., das Dorf Lietzenburg mit dem Schloss darin zur Stadt Charlottenburg.

Das nach einem Modell des Barockbildhauers Andreas Schlüter geschaffene und im Jahr 1703 auf der Langen Brücke vor dem Berliner Schloss aufgestellte Reiterdenkmal wird nicht vom Sockel gehoben, sondern vor Ort in einer provisorische Werkstatt aus Stahlrohren und Plastikplanen gereinigt. Die vier an den Sockel geketteten Sklaven sowie einige Reliefs, die Ende April abgebaut wurden, befinden sich in der Weißenseer Metallrestaurierungswerkstatt Haber & Brandner und werden nun von Schmutz befreit und mit einem Schutzwachs versehen.

„Das Denkmal war im Zweiten Weltkrieg abgebaut worden und kehrte nach einer Irrfahrt Ende der vierziger Jahre nicht nach Ost-Berlin in die Nähe der Schlossruine zurück, sondern wurde 1951 vor dem Charlottenburger Schloss auf einem neuen Sockel aufgestellt. Eine durchgreifende Reinigung und Konservierung fand damals nicht statt. Auch später hat man darauf verzichtet in der Annahme, der Bronze gehe es gut. Wie sich zeigt, ist das Gegenteil der Fall“, sagt Metallrestaurator Peter Trappen und zeigt auf dicke Dreckschichten, die sich mit den Jahren in Falten, Kehlen und an jenen „offenen Stellen“ angesammelt haben, die nicht vom Regenwasser abgewaschen werden.

Die alte Bronze leidet sichtlich unter den schwarzen, manchmal braunen Ablagerungen aus Ruß und Staub. Ein ganzes System von unansehnlichen schwarzen und grünen Schlieren durchzieht das Meisterwerk barocker Herrscherplastik. „Die Krusten führen auf chemischem Wege beim Metall zu Absprengungen und Substanzverlusten, lassen wichtige Details verschwinden, beeinträchtigen natürlich die Ästhetik“, beschreibt Jessica Ulrich den aktuellen Zustand. Mit einem Skalpell ist die Restauratorin dabei, behutsam die flächig oder in langen Streifen anhaftende Schwarzpatina von einem der überlebensgroßen, etwa eine Tonne schweren Sklavenfiguren zu entfernen. Mit ihnen hat man in der Barockzeit die Sehnsucht unterjochter Völker nach Gnade und Frieden und die Überlegenheit des siegreichen Fürsten und Feldherrn unterstrichen. Unter den Schmutzschichten kommt grüne oder dunkelbraune, in jedem Fall aber gesunde Patina zum Vorschein, die die vor 300 Jahren vom Berliner Kunstgießer Johann Jacobi verwendete Kanonenbronze schützt.

An glatten Flächen geht die Reinigung mit dem Skalpell oder weichen Bürsten problemlos vonstatten, kompliziert wird es bei Hohlräumen, in die man mit dem Werkzeug nicht so einfach kommt. „Mit scharfen Mitteln wie Sandstrahl oder Schmirgelpapier dem Metall zuzusetzen, würde großen Schaden anrichten. Ausserdem verbietet ein solch rigoroses Herangehen unser restauratorischer Ehrenkodex“, meint Restaurator Peter Trappen. Um die 2000 Arbeitsstunden würden wohl schon zusammen kommen, bis Kurfürst und die demütig zu ihm nach oben schauenden Sklaven gereinigt und mit einem farblosen Spezialwachs überzogen sind. Er soll die Bronze vor Wetterunbilden und neuen Schmutzanhaftungen schützen, wird aber auch die Optik verbessern, indem er grüne und schwarze Partien farblich angleicht. Da sowohl Ross und Reiter als auch die Sklavenfiguren seinerzeit jeweils in einem Stück gegossen wurden, gibt es keine Verschraubungen oder Dübel, die man jetzt zusätzlich erneuern müsste. Das hilft auch Geld zu sparen.

Für Firmenchef Georg Haber, unter dessen Leitung bereits einige Berliner Großplastiken restauriert wurden, wäre es wichtig, das Reiterdenkmal in ein Pflegeprogramm aufzunehmen und regelmäßig seinen Zustand zu überprüfen. Er bietet diesen Service der Schlösserstiftung an, und sie muss nun prüfen, was ihr der Erhalt des Großen Kurfürsten, einer Inkunabel barocker Bildhauerkunst und Vorbild ähnlicher Herrschermonumente, wert ist.

Helmut Caspar

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