Auffallen um jeden Preis
Ausstellung „Ridikül!“ in der Kunstbibliothek
nimmt Modetorheiten aufs Korn

Beliebtes Thema von Satirikern und Karikaturisten waren vor ein paar Jahrhunderten Modetorheiten aller Art. Die bis 15. Februar 2004 in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin am Kulturforum (Tiergarten) laufende Ausstellung „Ridikül! Mode in der Karikatur 1600 bis 1900“ schildert, was unsere Vorfahren anstellten (sofern sie das nötige Geld hatten!), um durch hoch getürmte Frisuren, wallende Kleider aus kostbaren Stoffen mit reichem Pelzbesatz, pludrige Hosen, riesige Federhüte, hochhackige oder auch langspitzige Schuhe, ausgefallene Accessoires und manch anderen Kreationen aufzufallen und sich von anderen abzuheben.

Die von der herrschenden Mode in Frankreich, Spanien oder England diktierten Exzesse von Modegecken, Lackaffen und Elegants beiderlei Geschlechts waren nicht nur ridikül, also lächerlich, sondern riefen gelegentlich auch die Obrigkeit auf den Plan. Sie sah dem als überflüssig erkannten Geldausgeben von „Herrn und Frau Alamode“, also von Leuten, die sich à la Mode kleideten, misstrauisch zu und legte genau fest, wer was entsprechend seinem Stand tragen durfte. Ausgeklügelt und genau abgestuft waren die Strafen für diejenigen, die sich wie adlige Damen und Herren kleideten, obwohl sie „nur“ bürgerliche Personen waren. Auf der anderen Seite hat man beispielsweise in Preußen sehr darauf geachtet, dass französische Seidenstoffe an heimischen Webstühlen nachgeahmt werden, um gute Taler nicht ins Ausland fließen zu lassen.

Schützenhilfe im Kampf gegen „Hosenteuffel“ und andere Gecken kam von Reimeschmieden und Zeichnern, die sich, wie die Ausstellung an vielen Beispielen zeigt, natürlich nicht mit dem zufrieden gaben, was sie sahen, sondern in Wort und Bild kräftig übertrieben und Modetorheiten auf die Spitze trieben. Perücken bedeckten nicht nur den Kopf, sondern türmten sich gleich meterhoch, und Reifröcke waren so groß, dass ihre Trägerinnen nicht mehr durch die Tür kamen und allerhand Unheil anrichteten.

Die Zeichnungen und Druckgrafiken dieser sehenswerten, durch einige originale Kostüme ergänzte Kabinettausstellung stammt aus der berühmten Lipperheideschen Kostümbibliothek; ausserdem sind einige Leihgaben aus Greiz, Hannover und Paris zu sehen. Das Buch zur Ausstellung erschien im DuMont Verlag, hat 230 Seiten sowie etwa 220 Abbildungen und kostet 29,90 Euro.

Helmut Caspar

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