Dichterfürst in begeistertem Aufblick, sinnend Aufstellung des Schiller-Denkmals auf dem Gendarmenmarkt war mit einigen Hindernissen verbunden



Friedrich Schiller hätte restauratorische Hilfe dringend nötig.
(Foto: Caspar)

Als der Berliner Magistrat 1861 zum 102. Geburtstag des Dichters Friedrich Schiller eine „Concurrenz-Ausschreibung“ für ein Schiller-Denkmal veröffentlichte, meldeten sich 25 Bildhauer. Der Dichter sollte stehend und „in begeistertem Aufblick, sinnend“ dargestellt werden. Es dauerte dann noch zehn Jahre, bis das Monument auf dem Gendarmenmarkt enthüllt werden konnte, lange nachdem sich Stuttgart sowie Schillers Geburtsstadt Marbach und andere Orte solche Erinnerungsmale zugelegt hatten.Die Zeiten waren kriegerisch, und da mussten auch in Berlin Geistesriesen und Dichterfürsten zurückstehen, während man bei Siegessäulen sowie Monarchen- und Generalsstandbildern schneller war.

Den Zuschlag für die Schiller-Figur im Mittelpunkt eines Brunnens erhielt 1864 der erst 33jährige Reinhold Begas, der in Weimar lebte und später Berlin mit zahllosen Denkmälern und Freiplastiken beglückte. Friedrich Schiller ist hoheitsvollen Gesichts mit Schriftenrolle und langem Mantel dargestellt und trägt einen Dichterlorbeer auf dem Kopf. Während er in die imaginäre Ferne blickt, richten die auf dem Brunnenrand sitzenden Personifikationen der Lyrik (mit Harfe), Dramatik (mit Dolch), Philosophie (mit Pergamentrolle) und Geschichte (mit Schreibtafel) ernst und gefasst ihre Augen aufs Publikum. Die schweigsamen Damen, von denen man sagte, sie seien die einzigen Berlinerinnen, die den „Rand“ halten können, hatten es der Jury besonders angetan: „Diese vier weiblichen Figuren sind von hoher Schönheit und ihre allegorische Bedeutung so tief empfunden, dass niemand, selbst der Ungebildete, nicht zweifeln wird, was der Künstler mit ihnen hat aussprechen wollen.“ Die Inschrift auf der Rückseite „Dem Dichterfürsten die Stadt Berlin MDCCCLXIX“ bezieht sich auf die Fertigstellung der Skulptur durch Reinhold Begas im Jahre 1869, nicht aber auf die Aufstellung, die erst am 10. November 1871, dem 112. Geburtstag von Schiller, im Beisein von Kaiser Wilhelm I. erfolgte.

Die Ausführung des Monuments war anfangs gefährdet, denn der Freiheitsdichter Schiller war am preußischen Hof umstritten. Außerdem hatten sich nach Bekanntwerden der Ausschreibung Goethe-Verehrer gemeldet, die ein Denkmal ihres Favoriten am gleichen Ort forderten. Dafür gab es gute Gründe, denn Werke beider Dichter standen auf dem Programm des Schauspielhauses und gehörten sowieso zum allgemeinen Bildungsgut der Deutschen. Doch das Projekt, Schiller in Analogie zum Weimarer Doppelstandbild noch ein weiteres Denkmal für Goethe oder auch noch ein drittes zu Ehren von Gotthold Ephraim Lessing an die Seite zu stellen, zerschlug sich. Goethe und Lessing erhielten ihre Monumente im Tiergarten, wo sie noch heute stehen.

Im Jahr 1936 wurde das Schillerdenkmal vom Gendarmenmarkt entfernt. Die Nazis brauchten Raum für Aufmärsche und Feiern. Die Schillerfigur wurde abgebaut und überstand den Zweiten Weltkrieg im späteren Westteil der Stadt, die vier Brunnenfiguren in Ost-Berlin. Ende 1988 wurde das Schiller-Denkmal wieder auf dem Gendarmenmarkt aufgestellt. Möglich wurde dies durch einen Kulturgüteraustausch zwischen West- und Ostberlin zwei Jahre zuvor. Bei den Restaurierungsarbeiten leistete eine 1941 angefertigte Bronzekopie im Schillerpark (Wedding) gute Dienste.

Da das Schiller-Denkmal auf dem Gendarmenmarkt im Winter nicht eingehaust und auch nicht gepflegt wird, zeigt es sich in bedenklichem Zustand. Moos und Schmutz bedecken den kostbaren Marmor. Das scheint die Berliner Denkmalpfleger nicht zu beunruhigen. Wenn der Marmor nicht bald gereinigt und nachhaltig konserviert wird, zerfällt er immer weiter. Eine Einhausung des Monuments in der kalten und feuchten Jahreszeit sollte unbedingt erfolgen. Für die Wiederherstellung des Denkmals als Brunnen setzt sich eine Bürgerinitiative um den früheren Bezirksbürgermeister Gerhard Keil ein.

Helmut Caspar

Mit "Zurück" zur Themenübersicht "Berlin und das Land Brandenburg"