Ärger mit der „Streichholzfassade“ -
Beim Entwurf für den Neubau der Berliner Universitätsbibliothek steht Meinung gegen Meinung / Ausstellung in der Kommode

Die Humboldt-Universität will bis 2008 für 75 Millionen Euro ein eigenes Gebäude für ihre zentrale geisteswissenschaftliche Bibliothek in der Nähe ihres Hauptgebäudes Unter den Linden errichten. Die Gestalt des Neubaus wird unterschiedlich bewertet.

Der Neubau wird notwendig, weil die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, in der die Universitätsbibliothek nur als Mieterin untergebracht ist, ihr Gebäude für eigene Zwecke benötigt. In ihrem unweit des Handelshochhauses und des S-Bahnhofs Friedrichstraße gelegenen neuen „Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum“ richtet die Universitätsbibliothek bis 2008 neben einem großen Lesesaal auch einen Computer- und Medienservice ein, der bis in die späten Abendstunden geöffnet werden soll.

Die Humboldt-Universität hat für den Neubau einen europaweiten Architektenwettbewerb ausgelobt, auf den 279 Teilnehmer geantwortet haben. Mit dem ersten Preis wurde der Berliner Architekt Max Dudler ausgezeichnet. Heftige Kritik übt der Abgeordnete Karl-Georg Wellmann, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, an dem preisgekrönten Dudlers Entwurf. „Er passt wie die Faust aufs Auge und hat in der sensiblen Baulandschaft im Herzen Berlins, nicht weit von den Linden und der Museumsinsel, nichts zu suchen. So etwas kann man allenfalls an den Stadtrand stellen“, kritisiert Wellmann die, wie er sagt, „Streichholzfassade“ des ersten Preisträgers Dudler, die fatale Ähnlichkeit mit dem ehemaligen DDR-Außenministerium habe. Man habe die Wettbewerbseinsendungen im „Schweinsgalopp“ gesichtet, weil anscheinend von vornherein der Dudlersche Entwurf angenommen werden sollte. Der Abgeordnete fordert fordert Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer auf, sich für einen Neubau einzusetzen, der auch im städtebaulichen Umfeld passt. Der Stadt Berlin sei schon genug durch Fehlentscheidungen von Seiten der Politik angetan worden. Die Senatorin hat dieses Ansinnen unter Hinweis auf das Votum der Jury abgelehnt.

Auf eine Kleine Anfrage, die Wellmann im Abgeordnetenhaus gestellt hat, antwortete Senatsbaudirektor Hans Stimmann, die Landesregierung halte am Preisträger Dudler fest, er werde mit „weiteren Planungsleistungen“ beauftragt. Auf keinen Fall werde zugelassen, dass durch die Überarbeitung des Entwurfs der Kostenrahmen von 75 Millionen Euro überschritten wird. Im übrigen sei der Senat bereit, sich einer öffentlichen Diskussion über den von ihm unterstützten Entwurf zu stellen. Das soll demnächst im Rahmen eines Architekturgesprächs geschehen. Stimmann verwahrte sich gegen den Verdacht, bei der Kür von Dudlers Entwurf sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen und hob die besonderen städtebaulichen und gestalterischen Qualitäten des Entwurfs hervor.

Während Wellmann gegen „Stimmanns scheußliche Kiste“ wettert, werden die Qualitäten des Dudlerschen Entwurfs in der Humboldt-Universität ganz anders, nämlich positiv bewertet. Dort ist man froh, einen einfachen und praktischen Neubau zu bekommen, dessen Errichtung sich im Kostenrahmen bewegt. Wie die Pläne der Wettbewerbsteilnehmer, darunter auch der Entwurf von Max Dudler, aussehen, wird bis zum 11. Dezember im Foyer der „Kommode“ am Bebelplatz wochentags von 8 bis 19 Uhr gezeigt.

Helmut Caspar

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