Untitled Im Zeichen der Eule -
Traditionsreicher Ullstein-Verlag kehrte nach Berlin zurück

Nach längerem Aufenthalt in München ist jetzt der traditionsreiche Ullstein-Verlag wieder nach Berlin, an seinen Ursprungsort, zurückgekehrt. Nachfahren des Verlagsgründers Leopold Ullstein (1826-1899) sprachen davon, sie seien wieder nach Hause gekommen. Der Axel-Springer-Verlag hatte 1960 den Verlag übernommen und später seinen Sitz nach München verlegt. 2003 wurde er an die Bonnier-Gruppe verkauft, zu der auch solch renommierte Verlage wie Propyläen, List, Econ und Claasen gehören. Der Ullstein Buchverlag befindet sich also in bester Gesellschaft.

Ohne Zweifel stärkt der Umzug des Buchverlags von der Isar an die Spree den Medienstandort Berlin und bringt auch die wechselvolle Geschichte eines Unternehmens wieder in Erinnerung, das im Kaiserreich und der Weimarer Republik sowohl mit auflagestarken und beliebten Zeitungen Furore machte als auch unzählige Bücher publizierte. Künftig wird die Eule als Verlagslogo im Stadtbild wieder präsent sein.

Verlagsgründer Leopold Ullstein hatte seine Karriere im Revolutionsjahr 1848 in Berlin als Papierhändler begonnen. Da er sich nicht mit unbedrucktem Papier abgeben wollte, trachte er, es in Form von Zeitungen sinnvoller zu nutzen. Durch Kauf der „Deutschen Union“, aus der schon bald die „Berliner Zeitung“ hervorging, sowie Herausgabe der „Berliner Abendpost“ und der „Berliner Morgenpost“ schuf er die Grundlage für sein Zeitungsimperium. Ullsteins Blätter bildeten einen Gegenpol zur konservativen Presse. Wegen der harschen Kritik an den herrschenden Verhältnissen waren sie auch in Prozesse wegen Majestätsbeleidigung verwickelt. Ab und zu wurden unter diesem Vorwurf ganze Auflagen beschlagnahmt. Dem Berliner Militär wurde sogar untersagt, liberale Blätter, allen voran die „Berliner Zeitung“, zu abonnieren und zu lesen. Natürlich hat das nicht viel genutzt, im Gegenteil vergrößerten solche Verbote die Popularität der abgestraften Zeitungen.

Renommierte Autoren wie Alfred Kerr und Theodor Wolff verhalfen schon früh den in hohen Auflagen gedruckten Zeitungen aus dem Hause Ullstein zu Ansehen. Ende des 19. Jahrhunderts hatte die „Morgenpost“ bereits rund 160 000 Abonnenten. Indem sich das Blatt intensiv um seine Leser kümmerte und durch Umfragen und Diskussionen die für’s Überleben so wichtige Bindung zwischen Lesern und Zeitung stärkte, eroberte sie sich hohe Marktanteile. Daß die „Mopo“ auch naturwissenschaftliche Bildung verbreitete, stärkte ihr Renommee. Nicht umsonst gehörte der Astronom Bruno H. Bürgel zu ihren bekanntesten Mitarbeitern.

Nach dem Tod von Leopold Ullstein im Jahre 1899 entwickelte sich der Verlag unter der Leitung seiner Söhne zum größten Medienunternehmen in Europa Mit der Schaffung der „B. Z. am Mittag“ entstand 1904 das erste Boulevardblatt Deutschlands. Großen Erfolg hatte auch die mit vielen Fotos und Zeichnungen, Reportagen und Fortsetzungsromanen bestückte „Berliner Illustrirte Zeitung“, die etwas antiquiert auf das „ie“ im Namen verzichtete. Bekannte Autoren wie Arthur Schnitzler und Gerhart Hauptmann sowie Ricarda Huch schrieben für das beliebte Journal.

Die 1927 erstmals gedruckte„Grüne Post“ war als Sonntagszeitung zunächst für Leute auf dem Lande bestimmt, eroberte sich aber auch in den Städten eine große Leserschar und erreichte so eine Millionenauflage. Weitere Blätter des Hauses Ullstein wandten sich speziell an Frauen und Kinder. Ein wichtiger Zugang gelang durch Übernahme der Vossischen Zeitung. Im Jahre 1704 als „Berlinische Ordinaire Zeitung“ gegründet und 1751 von dem Buchhändler Christian Friedrich Voss übernommen, besaß sie den Ruf, besonders seriös und ausgewogen zu berichten. 1934 muße die „Tante Voss“, für die auch Theodor Fontane geschrieben hat, auf Druck der Nazis ihr Erscheinen einstellen.

Nach der Errichtung der Nazidiktatur im Jahre 1933 wurde der jüdischen Familie Ullstein die Arbeits- und Lebensgrundlage entzogen. Der Verlag wurde erst gleichgeschaltet und 1934 "arisiert", wie man damals sagte. Seine Besitzer mussten das Unternehmen zu einem Spottpreis hergeben. Als „Deutscher Verlag“ lebte es unter der Kuratel des Reichspropagandaministeriums weiter.

Ullsteins Wiedergeburt gelang nach dem Zweiten Weltkrieg. Kurz vor Errichtung der Berliner Mauer (1961) erwarb der Axel Springer Verlag die Aktienmehrheit. Mit dem Bau des Springerhauses an der Kochstraße griff der Springer-Konzern die Tradition des alten Berliner Zeitungsviertels wieder auf, das Jahrzehnte zuvor an dieser Stelle entscheidend durch das Haus Ullstein geprägt wurde. Ein U-Bahnhof, eine Straße und das Ullsteinhaus in Mariendorf (Bezirk Tempelhof-Schöneberg) tragen den Namen des Traditionsverlags. Eine Gedenktafel am Haus Bettinastr. 4 im Grunewald (Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf) ist Hans Ullstein (1859-1935) gewidmet, der den Verlag mit seinen Brüdern geleitet hat. Sie erinnert daran, dass die Nationalsozialisten die Verlegerfamilie aus Deutschland vertrieben und sie ihres Vermögens beraubt haben. Der Verlagsgründer Leopold Ullstein, der sich auch als Berliner Stadtverordneter einen Namen gemacht hat, ist auf dem Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee bestattet.

Helmut Caspar

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