Virtueller Führer zu Mauer und Stacheldraht
Informationen über Betonbarrieren und Todesstreifen jetzt im Internet



An den tödlichen Fluchtversuch von Kindern im Jahre 1966 erinnert an der Treptower Kiefholzstraße ein 1999 eingeweihtes Denkmal aus Stahl. (Foto: Caspar)

Vierundvierzig Jahre nach ihrem Bau ist von der Berliner Mauer kaum noch etwas zu sehen. Das ist allgemeine Meinung, doch die stimmt nicht ganz. Da und dort erinnern durchlöcherte Betonteile an den tödlichen Sperrzaun. Vor ihnen bauen sich Touristen für Fotos auf. Weniger auffällig sind in den Boden eingelassene Schriftzüge, gelegentlich auch Gedenksteine mit Namen von Maueropfern. Dass tatsächlich mehr vorhanden ist, als er erste Augenschein vermuten lässt, haben Studenten der TU Cottbus unter Anleitung ihres Professors Leo Schmidt ermittelt. Ab sofort können alle noch vorhandene Mauerreste auf neu gestalteten Seiten betrachtet werden, die das Landesdenkmalamt jetzt ins Internet unter der Adresse www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/
denkmale_in_berlin/de/berliner_mauer
gestellt hat.

Die mit vielen Bildern und Lagekarten versehene Präsentation erläutert Aufbau und Entwicklung sowie Verlauf der ehemals 43 Kilometer langen Grenzanlage quer durch Berlin und um die Stadt herum, zeigt die genaue Lage der noch vorhandenen Relikte und bietet Hintergrundinformationen zur historischen Entwicklung der jeweiligen Orte. Zahlreiche Fotos und Karten erleichtern den Lesern die Orientierung. „Wir wollen möglichst vielen Menschen konkretes Wissen über die Mauer zur Verfügung stellen, und zwar nicht nur Interessenten in Berlin, sondern auf der ganzen Welt. Deshalb werden die neuen Seiten auch in englischer Sprache ins Internet gestellt“, sagte gestern (14.7.) Senatorin Ingeborg Junge-Reyer bei der Präsentation der virtuellen Dokumentation.

Wie ein Blick auf die in mehrere Kapitel unterteilten und nach Bezirken untergliederten Auflistung zeigt, existiert trotz der überhasteten Beräumung der am 9. November 1989 geöffneten Grenzanlage noch immer eine einzigartige Erinnerungslandschaft mit mehr als einhundert authentischen Orten. Kernbestand bilden 25 unter Schutz gestellte Baulichkeiten wie der Tränenpalast, die vergitterten Fenster im Haus der früheren Akademie der Landwirtschaftswissenschaften in der Krausenstraße in Mitte, die Kunstfabrik im ehemaligen Grenzstreifen zwischen Kreuzberg und Treptow, der Kontrollpunkt in Dreilinden und natürlich die Gedenkstätte an der Bernauer Straße und die von „Mauerspechten“ zerhackten Betonreste an der Niederkirchnerstraße sowie die mit großflächigen Bildern bemalte East-Side-Gallery. Überdies wird auf den Internetseiten eine Vielzahl von „Mauerspuren“ vorgestellt. Dazu gehören abgewrackte Sicherheitsanlagen und Beleuchtungskörper, deren Zweck heute kaum noch zu erkennen ist. Gezeigt werden überdies Gedenksteine, die an die Opfer des unmenschlichen Mauerregimes erinnern.

Helmut Caspar

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