Barocker Turm als Wiedergutmachung -
Potsdamer Militärwaisenhaus erhielt Wahrzeichen zurück / Symbol christlicher Nächstenliebe als Krönung



Am 10. Dezember wird die vergoldete Caritas auf den nach alten Plänen neu erbauten Kuppelturm des Potsdamer Militärwaisenhauses gehievt. (Foto: Caspar)

Potsdam. Einer der markantesten Barockbauten der ehemaligen preußischen Residenz- und Garnisonstadt Potsdam, die halbwegs den Bombenangriff vom 14. April 1945 überstanden haben, ist das ehemalige Militärwaisenhaus an der Ecke Lindenstraße und Breits Straße. In dem weiträumigen Gebäudekomplex sind das brandenburgische Kultur- und Wissenschaftsministerium und weitere Einrichtungen untergebracht. Gegründet vom preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., war das Waisenhaus Asyl elternloser, unversorgter Soldatenkinder, die hier von strengen Zuchtmeistern unterrichtet und zur Arbeit angehalten wurden. Seit dem Bombenangriff auf Potsdam am 14. April 1945 war der weithin sichtbare Kuppelturm zerstört, und auch die Fassade ließ wenig von ihrer ursprünglichen prächtigen Form des Hauses ahnen, das in DDR-Zeiten als Institut für Lehrerbildung genutzt wurde.

Der Kuppelturm, der die Silhouette des alten Potsdam eindrucksvoll geprägt hat, wurde in den vergangenen Jahren im Auftrag der Stiftung „Großes Waisenhaus zu Potsdam“ wiederhergestellt. Wenn in den Abendstunden des 10. Dezember die vergoldete Figur der Caritas als Sinnbild der christlichen Nächstenliebe und Barmherzigkeit in einer kleinen Feierstunde mit Hilfe eines Krans auf den Turm gehoben und dort verankert wird, ist das Wiederaufbauwerk vollendet, und die brandenburgische Landeshauptstadt hat eines ihrer liebenswertesten Wahrzeichen zurück.

Ursprünglich war das nach dem Vorbild der Franckeschen Stiftung in der damals preußischen Universitätsstadt Halle anno 1722 gegründete Potsdamer Militärwaisenhaus ein eher bescheidener Fachwerkbau, der erst unter König Friedrich II., dem Großen, nach Plänen des Architekten Karl von Gontard von 1771 bis 1778 durch einen spätbarocken Neubau ersetzt wurde, der immer wieder verändert wurde. Kenner und Freunde Potsdamer Baukunst und Geschichte loben die Rekonstruktion des auf Säulen stehenden Kuppelturms nach historischen Bauplänen und Fotografien als einen Akt der Wiedergutmachung, da der Stadt seit der Vernichtung der Kriegsruinen der Garnisonkirche und der Heiliggeistkirche die charakteristischen barocken Höhendominanten fehlen. Mit dem Wiederaufbau der dem kommunistischem Bildersturm geopferten Garnisonkirche ist vorerst nicht zu rechnen, und auch die Rekonstruktion des in der Ulbricht-Zeit abgerissenen Stadtschlosses liegt in den Sternen. Der Wiederaufbau zu den Wahrzeichen der Stadt zählenden Waisenhausturms mit Unterstützung vieler Sponsoren hingegen hatte, weil er von „überschaubare Größe“ ist, von Anfang an die Chance zur Verwirklichung und wird nun von vielen Potsdamern als große Bereicherung ihres Stadtbildes begrüßt.

Wiederhergestellt wurde im Inneren des Waisenhauses auch das Haupttreppenhaus in der Fassung, die ihm der Architekt Carl von Gontard gegeben hat. Die 1992 gegründete Stiftung „Großes Waisenhaus zu Potsdam“ knüpft an eine über 200jährige Tradition der Erziehung und Arbeit an, allerdings unter neuen Vorzeichen, und unterstützt innovative und über das „Regelangebot“ hinaus gehende Projekte zur Betreuung und Förderung von Kindern und Jugendlichen. Dazu wurde 1993 eine stiftungseigenen Gemeinnützige Gesellschaft ins Leben gerufen, die mittlerweile in zehn Institutionen sowohl in der Betreuung als auch Berufsvorbereitung junger Leute tätig ist. Die Stiftung, die sich im Internet unter www.stiftungwaisenhaus.de präsentiert, bietet nach telefonischer Voranmeldung unter der Rufnummer 0331/281 466 Führungen durch das Haus an.

Helmut Caspar

Mit "Zurück" zur Themenübersicht "Berlin und das Land Brandenburg"