Der lange Weg ins Paradies -
Mittelalter-Ausstellung auf der Burg Ziesar vermittelt neue Einsichten in märkische Kirchen- und Kulturgeschichte



Die prächtig dekorierte Burgkapelle aus der Zeit um 1470 wird innen und aussen restauriert. (Foto: Caspar)

Die Vorbereitungen für die Ausstellung „Wege in die Himmelsstadt – Bischöfe und religiöses Leben in der Mark Brandenburg“ auf der Burg Ziesar (Potsdam-Mittelmark) stehen unter einem hohen Zeitdruck. Am Pfingstsamstag, dem 14. Mai 2005, soll die Dokumentation in der ehemaligen Residenz der Bischöfe von Brandenburg eröffnet werden. Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka steht ganz persönlich hinter dem Projekt, und auch der ehrenamtliche Bürgermeister von Ziesar, Dieter Sehm, glücklich darüber, dass in ein paar Monaten die Burg mit einer Ausstellung eröffnet werden kann, die viele Touristen anlocken soll. Hinweisschilder an der nahe gelegenen Autobahn 2 Berlin-Hannover sind schon beantragt.

Zur Zeit ist die eindrucksvolle Anlage über der 3000-Seelen-Stadt noch eine große Baustelle. Restauratoren sind, auf Gerüsten stehend, gerade dabei, die nach der Reformation (1539) überstrichenen mittelalterlichen Wandmalereien in der Burgkapelle freizulegen und zu konservieren. Die im 15. Jahrhundert gemalte Mondsichelmadonna und weitere religiöse Motive sowie das viele Blatt- und Blütenwerk auf Wänden und im Gewölbe stellen in der norddeutschen Kunst-, Kirchen- und Burgenlandschaft eine besondere Rarität dar. Im 19. Jahrhundert neu entdeckt und offenbar nicht fachgerecht restauriert und ergänzt, werden die fachgerecht gereinigten und gesicherten Ausmalungen schon bald einen besonderen Anziehungspunkt im Rundgang durch die Burg bilden. Auch wenn viele Ornamente zerstört wurden, als die Burgkapelle ein simpler Lagerraum war, sind sie auch in ihrem torsohaften Zustand höchst eindrucksvoll und ergänzen auf das Schönste die Ausstellung zur Geschichte der Mark Brandenburg.

Vor der Burg befreien Archäologen gerade die alte, mit Kopfsteinpflaster belegte Zufahrt von Aufschüttungen aus nachmittelalterlicher Zeit und legen im Umkreis Spuren der ehemaligen Verteidigungsanlagen frei. Durch eine besondere Bodengestaltung sollen Verlauf und Standort die Mauern und Türme angedeutet werden. „Wir erwarten von weiteren Ausgrabungen im Burghof und im Umfeld Aufschlüsse über die Baugeschichte und das Leben in bischöflicher Zeit und danach. Da viele Details durch Urkunden und Chroniken nicht belegt sind, können diese Funde manche Wissenslücken schließen“, meint der Archäologe Thomas Langer. Die Ausstellung wird anhand von Modellen und archäologischen Fundstücken darüber berichten, wie der Bischofssitz ursprünglich ausgesehen hat und was mit ihm geschah, als er nach dem Auszug des letzten Bischofs als landesherrliche Domäne genutzt wurde.

Bauleute und Haustechniker richten die ehemaligen Wohn- und Prunkräume der Bischöfe von Brandenburg gleich neben der Kapelle für die Ausstellung her. Dazu gehört auch die Freilegung einer raffiniert konstruierten Fußbodenheizung, denn kalte Füße waren den früheren Burgbewohnern höchst zuwider. Im Laufe der Jahrhunderte um- und zugebaute Räume werden entkernt, eine neue Infrastruktur mit Klimatechnik, Sicherheitseinrichtungen und allem anderen, was ein Museum heute braucht, werden eingebaut. Natürlich gibt es auch einen Fahrstuhl für behinderte Besucher, und das ganze Umfeld wird in Absprache mit dem Denkmalschutz behutsam erneuert.

Für den Ausstellungsleiter Kustos Clemens Bergstedt bereitet der Eröffnungstermin Mitte Mai 2005 keine Kopfschmerzen. „Wir schaffen ihn, das steht fest. Aber es gibt bis dahin noch sehr viel zu tun. Mit der Ausstellung gehen wir unter anderem der Frage nach, wie die in der Mark Brandenburg lebenden Slawen von ihren alten Göttern abgebracht und zum Christentum bekehrt, sozusagen zu Pilgern auf dem Weg ins himmlische Jerusalem gemacht wurden. Die Ausstellung deutet mit ihrem Titel an, dass das ein langer und keineswegs immer friedlicher Weg war“, sagt der Mittelalter-Spezialist. Deutlich sollen auch die Beziehungen der Bischöfe zu den Kurfürsten von Brandenburg und anderen weltlichen Mächten sowie zum Papst in Rom gemacht werden. Auch der der Übergang des Kurfürsten Joachim II. zum Lutherischen Glauben und die Unterstützung des letzten Bischofs Matthias von Jagow in diesem komplizierten Prozess von großer Tragweite werden thematisiert.

Mit weiteren Fachleuten bereitet Bergstedt ein Buch zur Ausstellung vor, in dem erstmalig in dieser Form und fußend auf bisher nicht ausgewerteten Archivunterlagen neue Erkenntnisse auch über die Funktion der Burg Ziesar als eine von Bischöfen von Brandenburg häufig bewohnte Residenz dargelegt werden. Damit wird ein bedeutendes Zentrum der Landes- und Kirchengeschichte aus der Vergessenheit hervor geholt und seinem historischen Wert entsprechend gewürdigt.

Natürlich kostet die Sanierung und Restaurierung der Burg Ziesar viel, sehr viel Geld. Von 5,2 Millionen Euro ist die Rede. Beteiligt sind die Landesregierung in Potsdam, die Land Brandenburg Lotto GmbH und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die zahlreiche Projekte in den östlichen Bundesländern fördert. Deren Geschäftsführer Robert Knüppel zeigte sich jetzt bei einem Ortstermin von den Fortschritten bei der vom Landesdenkmalamt überwachten Sanierung der Burg sehr zufrieden, und meinte, das aus zahllosen Spenden sowie Zuwendungen aus Vermächtnissen stammende Geld sei gut angelegt. Immerhin werde ein hochrangiges Denkmal mittelalterlicher Baukunst und Lebensart aus der Versenkung geholt, und ausserdem werde die deutsche Museumslandschaft um ein wenig bearbeitetes, aber wichtiges Thema bereichert.

Helmut Caspar

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