"Schönster Schmuck des Vaterlands“ -
Von Chorin bis Zinna: Was Klöster im Land Brandenburg zu bieten haben



Das Kloster Zinna ist nicht nur wegen des dort produzierten süßen „Klosterbruders“ einen Besuch wert. (Foto: Caspar)

Klöster in Brandenburg sind, um mit Theodor Fontane zu sprechen, ein weites Feld. Die ersten Bauten dieser Art wurden bereits im 13. Jahrhundert errichtet, als die „terra incognita“, das unbekannte Land östlich der Elbe, kolonisiert und christianisiert wurde, wobei es nicht immer friedlich zuging, sondern Feuer und Schwert regierten.

Herausragend war die zivilisatorische Bedeutung der Klöster. Mönche und Nonnen halfen den Brandenburgern, die Erträge von Ackerbau und Viehzucht zu steigern, waren in der Krankenpflege und im Sozialwesen tätig, spielten im Bildungswesen eine hervorragende Rolle. Von Landesfürsten, Grundbesitzern und Pilgern mit Geldzuwendungen und Ländereien beschenkt, waren die Klöster sowohl wichtige spirituelle Zentren und Versorgungseinrichtungen für nicht erbberechtigte Söhne und unverheiratete Töchter aus dem Adel, sondern auch bedeutende Wirtschaftsfaktoren, auf die sich gelegentlich fürstliche Begehrlichkeiten richteten. Baumaterial für die mit großartigen Kreuzgewölben und prächtigen Schauwänden ausgestatteten Kirchen und die vielen anliegenden Bauten der Äbte, Mönche und Nonnen gab es vor Ort – Lehm für die Backsteine, Holz zum Brennen der Ziegel sowie zur Konstruktion der Fußböden, Decken und Dächer. Allein die Errichtung der monumentalen Klostergebäude erforderte neben der Versorgung der Bauleute mit und ohne Mönchskutte eine gut entwickelte Infrastruktur, die den ständigen Nachschub an Backsteinen, Bauholz und Brennmaterial sicherte. Grundlage war natürlich eine ausreichende finanzielle Basis, aber damit hatten zumindest die Klöster in der Regel kein Problem.

Als Steinbruch genutzt

Das Jahr 1539 brachte in der Kirchengeschichte in der Mark Brandenburg eine fundamentale Wende. Im Zusammenhang mit der Einführung der Lutherschen Reformation durch die im lande regierenden Hohenzollern wurden unter anderem die Klöster aufgehoben und ihr Vermögen der Staatskasse zugeschlagen. Im besten Falle hat man die Bauten in Pfarrkirchen, Schulen oder Hospitäler verwandelt oder sie zu Amtshäusern oder Jagdschlössern umfunktioniert. Vieles aber verfiel und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Nicht selten hat man als überflüssig empfundene Bauten als Steinbruch verwendet und sie nach und nach abgebrochen. Gelegentlich haben die Archäologen Grundmauern und Reste der ehemaligen Ausstattung gefunden.

Von alledem wird man erfahren, wenn man sich auf „klösterliche Spurensuche“ quer durch die Region macht. Ungeachtet der vielen Abrisse und Umnutzungen, die die ehemals sehr reiche Klosterlandschaft in der Mark über sich hat ergehen lassen müssen, können sich die Bauten sehen lassen und werden von Reisenden gern frequentiert. Kirche und Kommunen, Denkmalämter und Vereine kümmern sich, so gut es angesichts der derzeitigen Finanzlage geht, um dieses auch als kultureller Faktor für die Region wichtige Erbe, das Karl Friedrich Schinkel nach der Inspektion des damals desolaten Klosters Chorin zum „schönsten Schmuck des Vaterlandes“ zählte. Preußens oberster Baumeister war über den Zustand der stark vernachlässigten, zum Teil abbruchreifen Gebäude im heutigen Kreis Barnim so entsetzt, dass er von der Regierung entschiedene Gegenmaßnahmen verlangte - und zum Teil auch durchsetzte. Damit stand Chorin, das zu den Höhepunkten gotischer Klosterbaukunst gezählt wird, mit weiteren gefährdeten Bauten am Beginn der staatlichen Denkmalpflege in Preußen. Im 19. Jahrhundert als „romantische Ruine“ neu entdeckt und gesichert, ist das Bau- und Kunstdenkmal zu jeder Jahreszeit ein beliebtes Touristenziel und dazu im Sommer Ort gut besuchter Open-Air-Konzerte.

Vergoldeter Puttenprunk

Kaum eines der märkischen Klöster hat sich unverändert erhalten. Nur in Resten sind zumeist in Museen Ausstattungsstücke – Altarfiguren, Glasmalereien, Gestühl, Paramente – erhalten. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Gotteshäuser, Kreuzgänge und Nebengebäude immer wieder umgebaut, erweitert und dem herrschenden Geschmack angepasst. Sehr gut kann man diesen Modernisierungswillen im ehemaligen Zisterzienserkloster Neuzelle (Landkreis Oder-Spree) erleben. Dessen großartige Kirche aus dem 14. Jahrhundert zeigt sich aussen und innen barock überformt. Als habe man eine süddeutsche Wallfahrtkirche vor sich, erstaunt das im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) verwüstete und danach umgestaltete katholische Gotteshaus mit vergoldetem Puttenprunk und unzähligen Heiligenfiguren. Nach archäologischem Befund und alten Plänen wird der barocke Klostergarten, der einzige in der Mark Brandenburg, rekonstruiert.

Angemessene Nutzung hat schon immer zur Lebensverlängerung historischer Bauten beigetragen, wie man im ehemaligen Zisterziensierinnenkloster zum Heiligengrabe (Ostprignitz-Ruppin) beobachten kann. Nach der Devise „Beten und arbeiten“ gingen in der weitläufigen Anlage unverheiratete Damen aus adligen Familien einer karitativen Tätigkeit nach. Die brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige hielten ein wohlgefälliges Auge auf das Fräuleinstift, das am Mitte des 19. Jahrhunderts Mädchenschule, nach dem Zweiten Weltkrieg auch Pflegeheim und Diakonissenhaus war und heute wieder Damenstift ist und gern Frauen aufnimmt, die sich der Klostertradition verpflichtet fühlen. In einem kleinen Museum im restaurierten Stiftshauptmannhaus wird die wechselvolle Geschichte des Klosters erzählt, dessen Kirche im 19. Jahrhundert im Auftrag und zum Ruhme des preußischen Königshauses neogotisch ausgemalt wurde.

Wiedergeburt als Archäologiemuseum

Kirche, Konzerthalle und Klinik zugleich ist das Kloster Lehnin (Potsdam-Mittelmark). Die Luise-Henrietten-Stiftung widmet sich in der weitläufigen Anlage vor allem der Betreuung älterer und schwerkranker Patienten sowie der Sterbebegleitung, bietet aber auch Fort- und Weiterbildungskurse in Pflege- und Heilberufen an. Regelmäßig finden in der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Klosterkirche Konzerte und andere auf die Region ausstrahlende Kulturveranstaltungen statt.

Das Schicksal ist mit dem Kloster Zinna, bekannt auch durch den Kräuterlikör „Zinnaer Klosterbruder“, nicht gerade pfleglich umgegangen. Verschiedene Bauten der weitläufigen Anlage sind verschwunden; ihre Steine findet man in benachbarten Siedlungen wieder. Erhalten blieben dennoch Teile der ehemaligen Abtei mit der Klosterkirche sowie historischen Wohn- und Wirtschaftsbauten erhalten. Im Sommer wird zu Konzerten in die Klosterkirche eingeladen, und im Museum gleich nebenan erfährt man einiges über die Geschichte der Anlage, die nach der Reformation als Jagdschloss der Hohenzollern überlebte.

Seine Wiedergeburt als Brandenburgisches Archäologiemuseum erlebt in den kommenden Jahren das ehemalige Sankt-Pauli-Kloster in Brandenburg (Havel). Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört, ist der eindrucksvolle Komplex ein gutes Beispiel für gemeinsame Anstrengungen des Landes und der Stadt, dem Gebäude eine neue Nutzung zu geben, die seiner Würde entspricht. Auch wenn die Klosterkirche noch kein Dach hat und die spitzbogigen Fenster leer sind, ist sie auch in diesem Zustand, ähnlich wie das Kloster Chorin, der Betrachtung wert. In ein paar Jahren kann hier unter anderem auch bewundern, was bei Grabungen in alten Klosterhöfen entdeckt wurde.

Helmut Caspar

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