Als Sachsen „eingepreußt“ wurde
Neue Folge der „Mark Brandenburg“ berichtet über territoriale Veränderungen

Vor 200 Jahren erlebte das alte römisch-deutsche Reich tief greifende territoriale Veränderungen. Preußen erhielt 1803 nach Abgabe rechtsrheinischer Gebiete an Frankreich neue Ländereien in West- und Mitteldeutschland. Doch schon 1806 war nach der verlorenen Schlacht von Jena und Auerstedt gegen die Truppen Napoleons I. die Herrlichkeit vorbei. Als Verlierer stimmte Friedrich Wilhelm III. von Preußen der Verkleinerung seiner Monarchie zähneknirschend zu und musste riesige Kontributionen zahlen. Nach den Befreiungskriegen (1813-1815) hatte das Blatt gewendet, und jetzt war es Preußen, das sich an seinem „Erbfeind“ Sachsen schadlos hielt. Dessen König Friedrich August I. hatte treu zum Franzosenkaiser gehalten, wurde nach der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) nach Berlin ins Schloss Friedrichsfelde abgeführt und büßte die Hälfte der Monarchie ein. Preußen konnte von den anderen Siegermächten gerade noch davon abgehalten werden, Sachsen ganz zu schlucken, es wäre sonst zu mächtig geworden.

Was im Hohen Fläming, im ehemaligen Kurkreis um Wittenberg und anderswo „eingepreußt“ wurde, war stattlich, und nicht alle Leute begrüßten diese Veränderungen, wie in der Vierteljahresschrift „Die Mark Brandenburg“ nachzulesen ist. Im Heft 51 schildern Arthur Engel, Uwe Michas, Jan Feustel und Gregor Geismeier, wie die Mark im Laufe der Jahrhunderte wuchs und welche Ländereien mehr oder weniger freiwillig unter die Fittiche des roten (kurmärkischen) und schwarzen (preußischen) Adlers kamen.

Dass die Gegend um Belzig im Hohen Fläming ursprünglich sächsisch war, kann man dort heute noch sehen. Die alten Postmeilensäulen, das Wappen von Belzig und andere Erinnerungsmale weisen auf die ursprünglichen Landesherren, die Kurfürsten von Sachsen, hin. Manche Leute verkrafteten ihre „Verpreußung“ ganz gut, notiert Geismeier in seinem Beitrag „Von Musspreußen zu Musterpreußen“, andere waren entsetzt. Absichtlich lasen die unter neuen Untertanen der Hohenzollern die Aufschrift auf den preußischen Reichstalern falsch, nämlich „Ein Reich stahl er“.

Hervorzuheben ist ein Beitrag von Jörg Lüderitz, der sich mit einem heute eigentlich vergessenen brandenburgischen Landstrich, der Neumark jenseits der Oder, befasst. Die „Nova Marchia“ war ein wichtiger Teil des Kurfürstentums Brandenburg und zeitweilig im 16. Jahrhundert sogar eine selbstständige Markgrafschaft. Der Beitrag erinnert daran, dass die ehemals zum Regierungsbezirk Frankfurt (Oder) gehörende Neumark auf Grund des Potsdamer Abkommens (1945) an Polen fiel, was mit Umsiedlung und Vertreibung der lange schon ansässigen Bevölkerung verbunden war. Wer heute den Landstrich jenseits der Oder besucht, wird sehen, dass trotz der schrecklichen Zerstörungen in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs noch erfreulich viele Bauten und Denkmäler an die ursprüngliche Zugehörigkeit zu Brandenburg und Preußen erinnern.

Die Mark Brandenburg, Heft 51, Marika Großer Verlag Berlin 2003, 40 S., zahlr. Abb., 4 Euro

Helmut Caspar

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