Kirchenjuste an Denkmalwillys Seite
Vierteljahreszeitschrift „Die Mark Brandenburg“
widmet ihre 50. Ausgabe preußischen Königinnen

Berlin. Fast sah es so aus, als würde das Schloss Schönhausen im Berliner Bezirk Pankow Residenz des Bundespräsidenten, solange dessen Amtssitz Schloss Bellevue renoviert wird. Doch die Kosten für die Sanierung des Schlosses der Gemahlin Friedrichs des Großen, Elisabeth Christine, wären zu hoch. Deshalb übernimmt jetzt die Große Orangerie des Charlottenburger Schlosses die Aufgabe eines Präsidentensitzes. Beide Schlösser haben mit gekrönten Frauen zu tun, doch wie unterschiedlich ist bis heute deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Die aus Hannover stammende Sophie Charlotte ist bis heute ein Begriff. Sie unterhielt in der Lietzenburg bei Berlin einen Musenhof, empfing Künstler und Gelehrte, entfaltete barocke Pracht. Als sie erst 37jährig starb, sorgte der Gatte dafür, dass der Palast den Namen Charlottenburg erhielt. Die tote Königin wurde in einen vergoldeten Sarg gelegt, der noch heute im Berliner Dom zu sehen ist.

Wie Rudolf Schaarmann in der Vierteljahreszeitschrift „Die Mark Brandenburg“ weiter schreibt, wurden die Verdienste der geistvollen Sophie Charlotte in der Hohenzollern-Familie stets hoch geschätzt, während das Tun und Lassen ihres Gemahls, Friedrich I., schon vom Enkel, Friedrich II. heftig kritisiert wurde. Während der „Alte Fritz“ an seinem Großvater kaum ein gutes Haar ließ, zollte er der Großmutter jenen Respekt, den er der eigenen Gemahlin, der nach Schönhausen abgeschobenen Elisabeth Christine, verweigerte. Diese Königin, wiewohl über 50 Jahre mit Friedrich II. verheiratet, ist fast vergessen. Daher ist es verdienstvoll, dass sich die Heimatzeitschrift ihrer erinnert.

Es sollte hervor gehoben werden, dass der Verlag in nunmehr 50 Heften viele Facetten brandenburg-preußischer Geschichte ebenso wissenschaftlich präzise wie unterhaltsam und mit viel grafischem Augenschmaus dargeboten hat. Das jetzt erschienene 50. Heft widmet sich dem Leben, das preußische Königinnen in goldenen Käfigen führen mussten, und stellte einige mit ihnen verbundene Bauten vor. Wenn die Monarchinnen Glück hatten, wurden sie geliebt wie jene Sophie Charlotte oder die Königin Luise, der Gemahlin Friedrich Wilhelms III., mit der sich Philipp Demandt und Eva Börsch-Supan befassen. Hatten sie Pech, gerieten sie an einen Zyniker und Frauenverächter wie Friedrich den Großen oder an einen königlichen Casanova wie dessen Neffen Friedrich Wilhelm II.

In der „Mark Brandenburg“ folgt Uwe Michas folgt den Spuren von Sophie Dorothea, der Gattin des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. und Mutter Friedrichs II., während Gregor Geismeier Lesenswertes über die Schönhausener Elisabeth Christine beisteuert. Einige Königinnen bleiben aus Platzgründen ausgespart. So hätte man gern etwas über die Frauen von Friedrich Wilhelm II., Friedrich Wilhelm IV., Wilhelm I. und Friedrich III. erfahren. Entschädigt wird der Leser in einem Beitrag von Jan Feustel über die Gemahlin Wilhelms II. Unter seiner Regentschaft wurden „alle Nase lang“ Denkmäler und Kirchen eingeweiht. Das verschaffte dem Herrscherpaar die Spitznamen Denkmalwilly und Kirchenjuste. Keine andere Monarchin war so engagiert im Kirchenbau wie Auguste Victoria, und niemand vertrat so nachhaltig den Wert der drei „K“ – Küche, Kinder, Kirche. Viele von Kirchenjuste gestiftete Gotteshäuser und karitative Einrichtungen stehen noch, hingegen ist von Wilhelm II. allenfalls bekannt, dass er gern mit dem Säbel rasselte und seinen Schnurrbart gekonnt hochzuzwirbeln verstand.

Die Mark Brandenburg, Heft 50, Marika Großer Verlag Berlin 2003, 41 S., 4 Euro.

Helmut Caspar

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