Bekenner des neuen Glaubens -
Der vor 500 Jahren geborene brandenburgische Kurfürst Joachim II. Hektor trat 1539 zur Lutherschen Lehre über



Joachim II. Hektor lebte von 1505 bis 1571 und regierte Brandenburg seit 1535. Stich aus dem 19. Jahrhundert. (Repro: Caspar)

Von dem vor 500 Jahren, am 13. Januar 1505, in Berlin geborenen brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. Hektor wüsste man kaum noch etwas, hätte er sich nicht in die Geschichte als derjenige eingeschrieben, der das Luthersche Glaubensbekenntnis in seinem Herrschaftsbereich zugelassen hat. Er holte 1539 nach, was im benachbarten Kursachsen und anderen Fürstentümern vor allem in Nord- und Mitteldeutschland sowie in Nordeuropa bereits vollzogen war.

Joachims II. Vater, Kurfürst Joachim I. Nestor, stand allen reformatorischen Bestrebungen schroff ablehnend gegenüber und lag mit seiner Gemahlin Elisabeth in Glaubensfragen so im Streit, dass sie zur Verwandtschaft ins protestantische Sachsen floh. In seinem Testament verpflichtete Joachim I. seinen Sohn und Nachfolger, treu am katholischen Glauben festzuhalten. Doch hat sich dieser, als er 1535 den Thron bestieg, eines anderen besonnen. Es war üblich, dass heikle Punkte in fürstlichen Testamenten von den neuen Machthabern ignoriert wurden.

Allerdings ließ sich Joachim II. sich mit dem Übertritt zum Lutheranertum und dem Erlass einer neuen Kirchenordnung, die ihn zum obersten Bischof des Landes machte, Zeit. Mehr durch seine Familie gedrängt und einer starken Bewegung von unten nachgebend, machte er 1539 den Weg frei für die Annahme der Lutherischen Lehre. Die Abkehr von der katholischen Kirche hatte für Joachim II. willkommene praktische Wirkungen. Er gewann einige Sympathie im Volk und konnte seine eigenen Finanzen sanieren. Wegen seiner luxuriösen Hofhaltung stets klamm, schlug er das Vermögen der nun aufgehobenen Klöster der eigenen Schatulle zu. Kostbares Kirchengerät aus Gold und Silber wanderte in die kurfürstliche Schatzkammer, klösterlicher Grundbesitz vermehrte die landesherrlichen Ländereien. Außerdem verbesserte Joachim II. seine Position in Bezug auf Anwartschaften für das Erzbistum Magdeburg und das ferne Herzogtum Preußen.

Die vor den Toren Berlins gelegene und bis 1920 selbstständige Stadt Spandau wurde unter der Regentschaft Joachims II. und seiner Nachfolger unter Verwendung von Resten einer mittelalterlichen Burg zu einer starken Festung ausgebaut. Ratgeber und Architekten waren Italiener, die die Spandauer Zitadelle zu einem uneinnehmbaren Bollwerk gegen belagernde Feinde, aber auch als Schatzhaus und gefürchtetes Gefängnis ausbauten. In den meterdicken Mauern wurde nach der Reichseinigung von 1871 der aus französischem Gold gebildete Reichskriegsschatz eingelagert.

Joachim II. führte den Beinamen Hektor. Die Bezeichnung erinnert an einen Helden des trojanischen Kriegs und bezieht sich auf tapferes Verhalten noch als Kurprinz im Kampf gegen die Türken. Der Historiker Otto Hintze, Verfasser des vor 90 Jahren veröffentlichten Buches „Die Hohenzollern und ihr Werk“, charakterisierte den Herrscher als einen stattlichen und ritterlichen Herren „von fürstlicher Haltung mit einem starken Gefühl für die Würde seines Standes und das Interesse seines Hauses“. Schmiegsam in politischen Verhandlungen sei er gewesen, „friedfertig bis zum Äußersten, nicht ohne einen gesunden Verstand in den Geschäften, aber bequem und lässig, ein Freund der Jagd und prunkvoller Hoffeste, von großem Wohlwollen für seine Untertanen, von großer Freigebigkeit gegen seine Diener, aber kein Hauswirt, der das Seine zusammenzuhalten verstand, stets von Schulden bedrängt, dabei von einer gemächlichen Jovialität, die auch den Widerwärtigkeiten des Lebens standhielt“.

Als Joachim II. 1571 starb, hinterließ er einen großen Schuldenberg. Um ihn abzubauen und wieder „flüssig“ zu werden, erlegte der der Alchemie und Goldmacherei verfallene Nachfolger Kurfürst Johann Georg den Juden im Lande schwere, unbezahlbare Steuern auf. Außerdem ließ er gegen führende Beamte Untersuchungen wegen des Vorwurfs der Korruption anstellen. Gegen alles Recht wurde ein Prozess gegen den jüdischen Münzmeister Lippold, einen Vertrauten seines Vaters, wegen Hexerei und Diebstahl, geführt. Als Lippold 1573 auf dem Neuen Markt in Berlin unter schrecklichen Umständen hingerichtet wurde, nutzte Johann Georg den von ihm geschürten Antisemitismus, um von den wahren Ursachen der Verarmung im Lande abzulenken und sich als Retter aus der Not aufzuspielen.

Helmut Caspar

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