Mutige Einzelkämpferin rettete Hohenzollernbau -
Tagung über Zerstörung und Wiedergeburt des Charlottenburger Schlosses



Dem Schloss Charlottenburg sieht man seine Zerstörung im zweiten Weltkrieg und den mühevollen Wiederaufbau danach nicht an.
(Foto: Caspar)

Wer das Charlottenburger Schloss besucht, wird über königliche Pracht und Herrlichkeit staunen und den guten Zustand der Prunkräume bewundern. Nachfragen ergeben allerdings, dass das Meiste kaum älter als 50 Jahre ist und eine auch von Fachleuten bestaunte Rekonstruktion des 1943 und 1945 bis auf die Grundmauern zerstörten Palastes darstellt. Gleich nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatte der Berliner Magistrat beschlossen, das Charlottenburger Schloss und das Stadtschloss in der Mitte der Stadt wieder aufzubauen. Dagegen regte sich bei den Behörden Widerstand, denn Berlin hatte andere Probleme als Hohenzollernpaläste wiederherzustellen. Während das Stadtschloss 1950/1 auf Befehl von SED-Chef Walter Ulbricht dem Erdboden gleich gemacht wurde, bedurfte es bei der nach der 1705 verstorbenen Königin Sophie Charlotte benannten Hohenzollernresidenz im Westteil der Stadt zähen Ringens und auch guter Verbindungen zur britischen Besatzungsmacht, dass sie nach und nach „aus Ruinen“ auferstehen konnte.

Die Wiedergeburt des stolzen Kuppelbaus ist wesentlich ein Verdienst der damaligen Schlossdirektorin Margarete Kühn. Wie unlängst auf einer internationalen Tagung in der Technischen Universität Berlin zum Thema „Schloss Charlottenburg in Berlin im Wandel denkmalpflegerischer Auffassungen“ dargelegt wurde, gelang es der wie eine Löwin um „ihr“ Schloss kämpfenden Kunsthistorikerin, aus Potsdam in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone wichtige Baupläne und Fotos für die von ihr geplante Rekonstruktion des Charlottenburger Schlosses nach West-Berlin zu holen. Das war leicht im Vergleich zur Überzeugungsarbeit, die die streitbare Direktorin bei der Landesregierung und den Parteien leisten musste. Margarete Kühn kam bei ihrem Kampf um das Schloss die Empörung zu Hilfe, die der Abriss des Stadtschlosses ausgelöst hatte. West-Berliner Politiker wollten sich nicht dem Verdacht aussetzen, nicht viel besser als kommunistische Bilderstürmer zu sein. Doch ging ihr Interesse am Charlottenburger Schloss nicht so weit, dass sie den Wiederaufbau üppig finanzierten. Im Gegenteil, Kühn konnte nur arbeiten wie eben Geld floss, und so zog sich die Wiederherstellung der Fassaden sowie der Innenräume, für die man geborgene Wandverkleidungen, Stuckaturen sowie Zeichnungen und Fotos nutzte, über Jahre und Jahrzehnte hin.

Die als gelungen anerkannte Rekonstruktion der königlichen Wohn- und Paraderäume ist nahezu beendet, das Schloss wird aber weiter eine Baustelle sein, wie der Generaldirektor der Preußischen Schlösserstiftung, Hartmut Dorgerloh, bei der Eröffnung der zur Dreihundertjahrfeier von Charlottenburg ausgerichteten Konferenz erklärte. Das Gebäude weise massive Bauschäden auf, und auch die Haustechnik und die Sanitäranlagen seien marode. Ebenso genüge der Besucherservice heutigen Anforderungen nicht mehr. Die Ertüchtigung des Schlosses für die Aufgaben des 21. Jahrhunderts sei unumgänglich, damit Charlottenburg gegenüber anderen Event-Standorten in Berlin nicht ins Hintertreffen gerät.

Helmut Caspar

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