Zeugnisse preußischer Schlossbaukunst -
Neuer Bildband führt zu Meisterwerken der Architektur-und Kunstgeschichte



Das Schicksal des Schlosses Charlottenburg stand nach 1945 auf der Kippe. Dass es in großen Teilen ein denkmalgerechter Nachbau ist, weiß heute kaum noch jemand. (Foto: Caspar)

Bis zum Ende der Monarchie im Jahre 1918 residierten die Hohenzollern vor allem in Berlin und Potsdam. Kurfürsten, Könige und Kaiser lebten in den prächtigsten Schlössern. Ihre Familienmitglieder besaßen kleinere, aber nicht minder prächtige Anwesen. Viele Schlösser und die dazu gehörigen Gärten und Parks haben die Turbulenzen der vergangenen Jahrzehnte mehr oder weniger gut und vollständig überdauert. Doch zählen einige Gebäude zu den schmerzlichen Verlusten der Kriegs- und Nachkriegszeit. Zwar haben das Berliner Stadtschloss und das Potsdamer Stadtschloss die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg überstanden. Weil sie aber nicht ins kommunistische Weltbild passten und ausserdem Aufmarschplätze und andere Freiräume gebraucht wurden, hat man sie schon bald dem Erdboden gleichgemacht. Die Verluste werden seit Jahren beklagt, und so gibt es intensive Wünsche, die gesprengten Schlösser wieder aufzubauen. Allerdings hat sich in dieser Hinsicht noch nicht viel getan.

Solche Abrisse waren, wie kaum noch bekannt ist, nicht nur auf Ost-Berlin und die DDR beschränkt. So stand es auch um die Ruine des Schlosses Charlottenburg im Westteil Berlins nach dem Krieg schlecht. Hätte sich nicht die Kunsthistorikerin Margarete Kühn um die Reste des Kuppelbaues gekümmert und für seine Wiedergeburt gekämpft, gäbe es vielleicht dieses Meisterwerk preußischer Schlossbaukunst nicht mehr, und Berlin wäre um eine Attraktion ärmer.

In einem neuen Bild-Text-Band machen Hartmut Dorgerloh und Michael Scherf mit „Preußischen Residenzen – Königliche Schlösser und Gärten in Berlin und Brandenburg“ bekannt, so der Titel des großformatigen Buchs aus dem Deutschen Kunstverlag München/Berlin (160 S., zahlr. Abbildungen, 29,90 Euro, ISBN 3-422-06493-1). Der Band beginnt mit den Berliner Königsbauten und stellt gleich eingangs das Schloss Charlottenburg vor, dem man nicht ansieht, dass von ihm nur noch die Umfassungsmauern standen, als man bald nach 1945 mit dem Sammeln von zerbrochenen Steinen und verkohltem Holz begann, um die detailgetreue Wiederherstellung bewerkstelligen zu können. Der Blick richtet sich auf andere zum Bestand der Preußischen Schlösserstiftung gehörende Bauten und Parks, so auch auf ihre jüngste Neuerwerbung, das im Bezirk Pankow gelegene Schloss Schönhausen, aber auch nach Glienicke, auf die Pfaueninsel und in den Grunewald, wo das älteste der Berliner Hohenzollernschlösser steht. Es geht weiter nach Potsdam-Sanssouci und in den Babelsberger Park, deren Schlösser und Gärten auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes stehen. Aus dem Berliner Umland werden die Hohenzollernschlösser Oranienburg, Caputh, Königs Wusterhausen, Rheinsberg und Paretz vorgestellt. Mit dem Buch in der Hand können Heimat-, Kunst- und Wanderfreunde interessante Zeitreisen durch mehr als 300 Jahre Geschichte und Kunstentwicklung unternehmen und werden dann vor Ort sicher weitere interessante Dinge entdecken. Da nicht jeder Leser jedes Mitglied der weitverzweigten Hohenzollernfamilie kennen wird, hilft am Schluß des Buches ein Stammbaum bei der Orientierung durch den verwirrenden Dschungel von Herrschernamen und Regierungszeiten.

Helmut Caspar

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