Damit Vergangenheit eine Zukunft hat -
Das Herrenhaus in Diedersdorf wurde mustergültig
von der Schlösser GmbH restauriert



Schloss Diedersdorf hat als „Haus der Beratung“ eine neue Bestimmung bekommen und sogar noch ausgebaut. (Foto: Caspar)

Das aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammende Schloss Diedersdorf (Landkreis Märkisch Oderland) war lange Zeit unbewohnt und zur Ruine verkommen. Wer das Herrenhaus bei Seelow besucht, wird es nicht mehr wieder erkennen. Restauriert und saniert von der Brandenburgischen Schlösser GmbH (BSG) mit einem Aufwand von 2,8 Millionen Euro, ist die Dreiflügelanlage direkt an der Bundesstraße 1 wieder als Perle märkischer Schlossbaukunst zu erkennen, und auch der Schlossgarten zeigt sich, für 140 000 Euro nach alten Plänen neu angelegt, in alter Schönheit.

Vermietet ist das Herrenhaus mit repräsentativem Vorplatz seit zwei Jahren an die Ziegenhagen Steuerberatungsgesellschaft mbH, die, aus Köln kommend, zuvor in Seelow tätig war. Wie vom Chef der Beratungsgesellschaft, Elmar Ziegenhagen, zu erfahren ist, wird zur Zeit das Schlossdach zur Parkseite ausgebaut, weil es in dem Gebäude mittlerweile eng geworden ist. In das künftige „Haus der Beratung“ sollen auch Rechtsanwälte, eine Zeitarbeitsvermittlungsfirma und andere Nutzer einziehen.

Die in Potsdam ansässige Brandenburgische Schlösser-GmbH (BSG) wurde 1992 gegründet. Träger sind die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die brandenburgische Landesregierung, und Vorbild ist der in Großbritannien tätige National Trust, der sich ebenfalls um gefährdete Schlösser, Herrenhäuser und Gärten kümmert. „Unsere Aufgabe ist es, gefährdete Schlösser und Herrenhäuser zwischen Elbe und Oder sowie die dazu gehörigen Gärten und Parks fachgerecht zu sanieren und zu restaurieren“, sagt BSG-Geschäftsführer Wolfgang Illert. Dazu gehöre auch, die zum Teil sehr alten und sehr wertvollen Bauten und Gärten einer neuen, ihrem Wert gemäßen Nutzung zuzuführen. Das Beispiel Diedersdorf – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Schloss im Landkreis Teltow-Fläming - zeige, dass Bau- und Kunstdenkmale, die von manchen bereits „abgeschrieben“ wurden und als nicht mehr zu retten galten, mit Hilfe der BSG und fachlicher Unterstützung durch das Landesdenkmalamt eine Zukunft bekommen.

Unter den Schlössern und Herrenhäusern, derer sich die BSG bisher angenommen hat, befinden sich bedeutende, zum Teil noch aus dem 16. Jahrhundert stammende Bauten in Altdöbern, Fürstlich Drehna, Groß Rietz, Lieberose und Martinskirchen. Einige Schlösser wie die in Blankensee, Reckahn, Reichenow, Seelow und eben auch Diedersdorf sind vermietet. Über die Aufnahme weiterer Objekte in die Obhut der Schlösser GmbH wird laut Illert nachgedacht, denn dies ist, wie sollte es anders sein, immer auch eine Frage des Geldes und der Nutzung nach Abschluss der Sanierung und Restaurierungsarbeiten.

Das im späten 18. Jahrhundert errichtete Schloss in Diedersdorf blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Mehrfach wechselte es seine Besitzer, bis es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von dem Berliner Industriellen Ludwig Seidel übernommen wurde. An ihn erinnert das Monogramm LS und die Jahreszahl 1876 über dem Eingangsportal. Ein anderer Seidel, Alexander mit Vornamen, wurde wegen seiner Verdienste um den Bau der Oderbruchbahn von Kaiser Wilhelm II. mit dem Adelsprädikat ausgezeichnet, seitdem trägt die Familie ein „von“. Über dem reich mit plastischem Schmuck verzierten Eingang weisen das Monogramm LS und die Jahreszahl 1876 den ersten Schlossherren aus der Familie Seidel hin, die bis zur Bodenreform nach dem Zweiten Weltkrieg in Diedersdorf saß. Damals wurde das Gut an Neubauern aufgeteilt, während das Schloss wie damals üblich als Gemeindebüro, für Wohnzwecke und von der LPG genutzt wurde. Das hat dem Bauwerk zwar nicht gut getan, aber immerhin blieb es vor kommunistischer Bilderstürmerei verschont, der nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Motto „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ manch andere Schlösser und Herrenhäuser in Ostdeutschland geopfert wurden.

Nach der Wende wurde es still um das alte Herrenhaus, denn die alten Nutzer zogen aus, und die Gemeinde war offenbar hinsichtlich des Unterhalts und der Sicherung des Bauwerks vor vandalischen Anschlägen überfordert. Auch anderen Bauten in der Region ist es ähnlich ergangen. Diedersdorf hatte Glück, andere Bauten warten noch auf ihre Erweckung. In unserer neuen Serie wird über Fälle berichtet, wo die Rettung geklappt hat und wo Bauten noch auf Hilfe warten.

Helmut Caspar

Mit "Zurück" zur Themenübersicht "Märkische Schlössergeschichten"