Von Elbflorenz nach Spreeathen -
Ein nach der großen Flut zufällig entdeckter „Feldhauptmann“ kehrte nach Charlottenburg zurück



Galeriedirektor Harald Marx (l.) und Schlösserchef Hartmut Dorgerloh sind optimistisch, dass in Dresden die Suche nach weiteren Gemälden, angestoßen durch den "Feldhauptmann", noch manchen Fund ans Tageslicht bringen wird. (Foto: Caspar)

Seit Jahrzehnten fahndet der Potsdamer Kunsthistoriker Gerd Bartoschek nach Bildern, die früher einmal in preußischen Königsschlössern hingen. Ab und zu wird er fündig, und manchmal spielt da auch der Zufall mit. Als der Mitarbeiter der Stiftung Preußische Kulturbesitz 2002 nach der großen Elbeflut in der Dresdner Galerie Alte Meister sicherheitshalber an den Wänden aufgestellte Bilder anschaute, kam ihm eines irgendwie bekannt vor. Könnte der sitzende Feldhauptmann mit dem Kind auf dem Schoß nicht aus einem der vielen preußischen Schlössern stammen? Eine Reproduktion gab es von dem Gemälde nicht. Doch Bartoschek fand zu Hause in seiner Datenbank Hinweise auf das Historienbild. Es stammt aus der Wohnung, die sich der preußische König Friedrich Wilhelm III. im Schloss Charlottenburg einrichten ließ. 1839 dort aufgehängt, wurde es noch vor dem Zweiten Weltkrieg in ein Offizierskasino nach Chemnitz entliehen. Irgendwann danach gelangte es als künstlerisches Strandgut und in die Dresdner Galerie. Dort stand es jahrzehntelang, in seinem Wert offensichtlich verkannt, im Depot, und niemand kümmerte sich um den Feldhauptmann mit seinem Kind, schon gar nicht um das unauffällige Schild auf der Rückseite, das auf den Generalkatalog der Preußischen Schlösser weist. Diese GK-Nummern sind dem Potsdamer Kunsthistoriker geläufig, in Dresden konnte man damit aber nichts anfangen!

Nachdem Bartoschek den Herkunftsnachweis geführt hatte, war die Rückführung nach Berlin nur noch eine Formalität. Der Experte beschreibt den Fund in Dresden als einen großen Glücksmoment. Es habe ihn regelrecht durchzuckt, als er so unvermutet auf das Gemälde des früh verstorbenen Malers Heinrich Loewenstein stieß. Nun könne aus dem 2004 veröffentlichten Katalog der verschollenen Gemälde aus ehemaligem preußischem Schlösserbesitz eine von über 3000 Nummern abgehakt werden.

Kurz vor Ostern stellten der Generaldirektor der Preußischen Schlösserstiftung, Hartmut Dorgerloh, und der Direktor der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister, Harald Marx, das lebenspralle Prachtstück als ein „wahres Ostergeschenk“ vor. Ihm gesellt sich, so Dorgerloh, als weiteres „Osterei“ die Öffnung der ehemaligen Wohnung des preußischen Königs Friedrich Wilhelms III. hinzu. Nach dem Auszug der „Galerie der Romantik“ zeigt die Schlösserstiftung in den restaurierten Räumen im Neuen Flügel des Charlottenburger Schlosses Gemälde, Skulpturen, Möbel und Porzellane aus dem frühen 19. Jahrhundert, und natürlich erhält der heimgekehrte „Feldhauptmann“ dort einen Ehrenplatz. Im Gegenzug schickt die Schlösserstiftung demnächst zwei kostbare Bilderrahmen mit sächsisch-polnischem Wappen nach Dresden.

Gerd Bartoschek hofft auf weitere Funde dieser Art, und sein Kollege Harald Marx versprach, in Dresden gezielt zu suchen, denn es sei nicht auszuschließen, dass da noch mehr Berliner oder Potsdamer Bilder deponiert sind. Bartoschek lässt indessen seine Blicke weiter schweifen. So glaubt er ein aus preußischem Schlösserbesitz stammendes Gemälde des berühmten Niederländers Antonius van Dyck in Poznan (Posen) entdeckt zu haben. Seine diesbezügliche Suchanfrage sei noch nicht beantwortet, und außerdem habe er noch weitere „Eisen im Feuer“.

Helmut Caspar

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