Wo sind Goethes Bücher?
Prachtausgabe im Schloss Schönhausen seit Jahren verschwunden



Das kurbrandenburgische Wappenschild hängt über einem Kamin im Wappensaal des Schlosses Schönhausen. (Foto: Caspar)

Nach jahrelangen Verhandlungen hat das Land Berlin, vertreten durch seinen Liegenschaftsfonds, das aus dem 18. Jahrhundert stammende Schloss Schönhausen im Bezirk Pankow an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg übertragen. Bis 2009 soll die prächtige Residenz der Königin Elisabeth Christine, der Gemahlin Friedrichs II. von Preußen, saniert und restauriert werden. Zur Zeit wird von Experten der Schlösserstiftung der Zustand dieses Glanzlichts preußischer Baukunst geprüft. Eine Strategie für die 8,6 Millionen Euro teure Sanierung und Restaurierung muss ausgearbeitet werden, und dazu gehört auch die Frage, wie es gelingt, den mit einem giftigen Holzschutzmittel kontaminierten Dachstuhl so abzuschotten, dass Besucher keinen Schaden nehmen. Die Maßnahme wurde durchgeführt, als das Schloss Residenz des DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck beziehungsweise Regierungsgästehaus war.

Zur jetzt begonnenen Sichtung gehört die Inventarisation der Möbel, Porzellane, Kron- und Wandleuchter und anderer Ausstattungsstücke. Dabei kann ein Posten abgehakt werden - die wertvolle Gesamtausgabe von Goethes Werken. Sie war dem DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck geschenkt worden und stand, in rotes Leder gebunden, in einem Extraschrank in der Zederngalerie. Als die noch bestens erhaltene Rokoko-Residenz von hohen Staatsgästen bewohnt war, müssen Goethes Werke noch existiert haben. Fotos in einer vom DDR-Ministerrat herausgegebenen Broschüre über das Schloss zeigen den Schrank geschlossen und mit geöffneten Türen. Auf einer steht der schöne Spruch „Es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun!“

„Als wir das Schloss 1997 übernahmen, wurde auch das Inventar aufgenommen. Dabei stellte sich heraus, dass die Goethe-Ausgabe nicht mehr vorhanden ist. Sie wird in der Nachwendezeit gestohlen worden sein, doch von wem, ist unbekannt“, sagt Peter Tiedt vom Liegenschaftsfonds Berlin. Da die Werkausgabe unbedingt zur Geschichte des Schlosses gehört, müsse sie dorthin auch wieder zurückkehren.

Im Moment kann man nur hoffen, dass die Goethe-Ausgabe irgendwo gesichtet und der Schlösserstiftung gemeldet wird. Dort sind Spezialisten dabei, Auktionsangebote nach verschollenen Gemälden, Skulpturen und anderen Kunstwerken durchzusehen. Sollte die Schönhausener Werkausgabe je im Antiquariatshandel auftauchen, wird sich die Stiftung um die Rückführung bemühen. Vielleicht finden sich auch Leser, die zur Aufklärung des Falles beitragen können.

Helmut Caspar

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