Südliches Flair am Forum Fridericianum -
Denkmalstiftung will Pergola am Alten Palais Unter den Linden nach historischen Befunden rekonstruieren



Ein Foto von 1943 zeigt die Pergola am Alten Palais, die im kommenden Jahr rekonstruiert werden soll. (Repro: Caspar)



Ein großes Plakat macht auf die Pergola aus der Kaiserzeit aufmerksam, die die Stiftung Denkmalschutz Berlin dem Alten Palais an der Ecke Unter den Linden/Bebelplatz anfügen will. (Foto: Caspar)

Die Stiftung Denkmalschutz Berlin hat die klassizistische Fassade des ehemaligen Palais des preußischen Königs und deutschen Kaisers Wilhelm I. an der Ecke Unter den Linden/Bebelplatz nach historischen Befunden restaurieren und farblich fassen lassen. Doch damit sind die Arbeiten am so genannten Alten Palais noch nicht beendet, denn zum Bebelplatz hin fehlt noch die Pergola. Ein großes Plakat macht neuerdings auf das Vorhaben aufmerksam und zeigt auch, wie der Anbau bis zur Zerstörung des Palais ausgesehen hat. Der Monarch pflegte von seinem Arbeitszimmer beziehungsweise seiner kleinen Bibliothek unmittelbar auf diesen Vorbau zu ebener Erde zu treten und die Sonne genießen. Die 14 Meter lange, sechs Meter tiefe und acht Meter hohe Konstruktion hinter einem flachen Gitterzaun ist mit ihrem üppigen Pflanzenbewuchs auf historischen Zeichnungen, Gemälden und Fotografien gut zu sehen.

„Die Pergola gehörte zu dem von Karl Ferdinand Langhans zwischen 1834 und 1837 erbauten Palais, das heute von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität genutzt wird, wie die preußischen Adler auf dem Dach und der Fries darunter mit den Wappen und allegorischen Figuren“, sagt Helmut Engel, Geschäftsführer der Stiftung Denkmalschutz Berlin. Sie verleihe dem Bebelplatz eine südländische Note. Ein solch heitererer, ja luftiger Anbau suche in der Berliner Palastarchitektur seinesgleichen. Das Alte Palais wäre ohne ihn unvollständig. Rund 125 Jahre sei die Pergola Bestandteil des Forum Fridericianum Unter den Linden gewesen, dessen Wiederherstellung sich das Land Berlin auf die Fahne geschrieben hat. Deshalb sei es fester Wille der Stiftung, diese in den frühen sechziger Jahren beim Wiederaufbau des kriegszerstörten Palais abgerissene Konstruktion authentisch nachzubauen. Dazu würden alte Baupläne und Abbildungen sowie neuerdings auch bauforschende Grabungen wichtige Anhaltspunkte liefern.

Wie aus den Befunden hervor geht, war die Pergola unterkellert. Beiderseits einer Treppe gab es Räume, in denen die Dienerschaft Weinflaschen spülte beziehungsweise Lampenöl und Lampen aufbewahrte, denn brennbare Flüssigkeiten wollte man aus Sicherheitsgründen nicht im eigentlichen Palais haben. Bei Grabungen hat der archäologische Diplom-Restaurator Till Peter Otto von der Firma Nüthen Restaurierungen GmbH bereits Reste der Gewölbe, eines Eisenträgers, eines Ofens und wohl auch von einer Treppe gefunden. „Wir sind jetzt in der Lage, die Dimensionen der Kellerräume exakt zu bestimmen und auch einiges über die Materialien zu sagen, aus denen der Anbau bestand“, erklärt Otto, der von weiteren Ausgrabungen Aufschluss in das Innenleben des Anbaus erwartet.

Die Rekonstruktion der Pergola soll 2006 abgeschlossen werden. Einbezogen werden Lehrlinge des Berliner Bauhandwerks, ähnlich wie bei Schinkels Bauakademie, wo von ihnen schon eine Ecke und neuerdings auch ein Gewölbe gebaut wurde. Helmut Engel sieht darin ein Mittel, angehende Bau- und Kunsthandwerker mit den diffizilen Aufgaben der Denkmalpflege vertraut zu machen. Dass im Palais Kaiser Wilhelms I. im 19. Jahrhundert Geschichte gemacht wurde, ist kaum noch bekannt. Tatsächlich war das ehemals prächtig ausgestattete Eckgebäude zeitweilig das Herz von Preußen und - ab 1871 - des neuen deutschen Kaiserreichs. Engel wünscht sich, dass die Humboldt-Universität wenigstens ihre Jura-Studenten daran erinnert, indem sie etwa in einem der Räume hinter der Pergola die deutsche Reichsverfassung von 1871 und andere Hinterlassenschaften ausstellt. Auch sollte sie daran erinnern, dass Kaiser Wilhelm von seinem Eckfenster seine Untertanen zu grüßen pflegte.

Helmut Caspar

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