"Denkmalwillys" Marmorpuppen am Haken -
Figuren von der Siegesallee werben
vor dem Schloß Charlottenburg für die Ausstellung
"Die Kaiser und die Macht der Medien"

Wenig königlich, dafür aber stoßsicher verpackt wurden unlängst sechs Figuren von der ehemaligen Siegesallee vor das Schloß Charlottenburg gefahren. An einem Haken hängend, erhielten die Marmormonumente mit Hilfe eines Krans einen neuen Platz vor dem Neuen Flügel, in dem ab 18. Oktober die Preußische Schlösserstiftung die Ausstellung „Die Kaiser und die Macht der Medien“ zeigt. Mit der Aufstellung der um 1900 entlang der Siegesallee nicht weit vom Reichstagsgebäude enthüllten Figuren brandenburg-preußischer Landesfürsten will die Preußische Schlösserstiftung demonstrieren, dass im 19. Jahrhundert auch die Schaffung von öffentlichen Herrscher- und Kriegerdenkmälern ein wichtiger Teil monarchischer Selbstdarstellung war, begleitet von pompösen Grundsteinlegungen und Enthülungsfeiern.

Was die Stiftung von Denkmälern betrifft, war der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II., einsame Spitze. Sein Hang, Helden der Geschichte solche Monumente zu errichten und damit sein eigenes Ansehen aufzupolieren, trug ihm denn auch prompt den Spitznamen „Denkmalwilly“ ein. Der zwirbelbärtige Monarch hatte 1896 die Siegesallee, eine Ansammlung von 32 Herrscherfiguren, den Berlinern als Ehrengeschenk stiftet. Doch die zeigten sich wenig erkenntlich und überzogen die stocksteif im Tiergarten dastehenden Marmorhelden mit Spott. Böse Jungen hackten des nachts den Helden gar die Finger ab, weshalb extra Polzeistreifen eingerichtet wurden. Ende des Zweiten Weltkriegs stark beschädigt, wurde die aus Markgrafen, Kurfürsten, Königen und einem Kaiser bestehende „Puppenallee“ zunächst im Park des Schlosses Bellevue vergraben, um sie vor weiterem Schaden zu bewahren. In den siebziger Jahren hat man die Figuren wieder hervor geholt und im Lapidarium am Halleschen Ufer beziehungsweise in der Spandauer Zitadelle mehr schlecht als recht aufgestellt.

Vor dem Neuen Flügel des Charlottenburger Schlosses sind gleichsam als Werbeträger drei 2,85 m bis 2,90 Meter hohe Standbilder zu sehen. Man erkennt zunächst den müde dreinschauenden Markgrafen Otto des Faulen, einen Vertreter des Hauses Wittelsbach auf dem brandenburgischen Thron. Sodann halten der Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. und der deutsche Kaiser Wilhelm I. auf hohen Sockeln Wache. Alle Figuren tragen noch die Spuren der Kampfhandlungen vor 60 Jahren. Um sie nicht zu verwischen, hat das Landesdenkmalamt auf eine Reinigung oder gar Restaurierung verzichtet.

Da die Monarchen auf der im Jahre 1902 vollendeten Siegesallee jeweils von engen Vertrauten flankiert waren, wurden jetzt zusätzlich die Büste des Barockbildhauers und Architekten Andreas Schlüter sowie Marmorbildnisse der Höflinge Heinrich von Antwerpen und Wratislaw IV., Herzog von Pommern, aufgestellt. Wie von der Schlösserstiftung zu erfahren wist, bleiben die Relikte von der Siegesallee bis April 2006 in Charlottenburg und kehren dann in ihr Asyl am Halleschen Ufer wieder zurück.

Helmut Caspar

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