Hohenzollernherrscher als schießwütige Weidmänner -
Vierteljahresschrift "Die Mark Brandenburg" zum Thema Jagd und Jagdschlösser



Weitgehend im Original erhalten ist das Jagdschloss Grunewald im Berliner Bezirk Zehlendorf. seit dem 16. Jahrhundert Ausgangspunkt hochherrschaftlicher Treibjagden und heute beliebtes Museum, in dem Gemälde von Lucas Cranach und Zeitgenossen sowie Zeugnisse der Geschichte des Weidhandwerks gezeigt werden. (Foto: Caspar)

Wenn der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. nicht gerade Rekruten drillte, die Taler der Staatskasse zählte und seine Beamten herumkommandierte, ging er einem anderen Hobby nach – der Jagd. Ausgangspunkt waren bereits vorhandene Hohenzollernschlösser, doch da ein solches in der Parforceheide bei Potsdam fehlte, wurde dort um 1730 eines gebaut, das Jagdschloss Stern. Diesem einzigen Schlossbau des ansonsten sparsamen Herrschers und seiner Rolle als erstem Jäger der Monarchie widmet die Vierteljahreszeitschrift „Die Mark Brandenburg“ (Heft 58) einen von fünf Beiträgen rund um das Weidwerk und Jagdschlösser in Brandenburg und Berlin. Jan Feustel beschreibt das von der Preußischen Schlösserstiftung verwaltete Jagdschloss Stern, erbaut um 1730, als ein schlichtes Holländerhaus mit einfacher, gediegener Einrichtung, als Spiegelbild der bescheidenen Ansprüche seines königlichen Bauherrn. Im Alter krank und dick, benötigte Friedrich Wilhelm I. einen Jagdsitz nahe seiner Residenzstadt, von dem aus er etwas gegen seine diversen Krankheiten und seine Fettleibigkeit tun konnte. Auf die Jagd zu gehen war für ihn so etwas wie ein Fitness-Programm und besser als alle Pillen dieser Welt. Und außerdem war es gut fürs Image, sich der Mit- und Nachwelt als großer Nimrod darzustellen. Und so reitet der Soldatenkönig auf verschiedenen Gemälden, die seit 270 Jahren zur Innenausstattung des Schlösschens gehören, tapfer der die Hirsche hetzenden Meute hinterher und gegen seine Unpässlichkeiten an. Nur schade, dass das Herrenhaus mit der roten Klinkerfassade nicht besichtigt werden kann. Die Schlösserstiftung hofft, es nach Beseitigung von giftigen Holzschutzmitteln dem Publikum „einstens“ öffnen zu können, wie Feustel schreibt.

Ein anderer großer Jäger vor dem Herrn war der letzte Kaiser und preußische König Wilhelm II. Er bevorzugte die Schorfheide, und damit auch jeder gleich sah, wie erfolgreich dieser Herr beim Schießen auf Hirsche und Wildschweine ist, ließ er überall Gedenksteine mit Daten und Abschusszahlen aufstellen und sich im übrigen mit den erlegten Tieren fotografieren. Uwe Michas geht am Ende seines Beitrags auf die Zeit nach Abschaffung der Monarchie (1918) ein, als das Reservat nördlich von Berlin Tummelplatz anderer schießwütiger Potentaten war. Doch was hier etwa Reichsmarschall Göring oder Staats- und SED-Chef Honecker trieben, wird leider nur mit wenigen Zeilen abgehandelt. Tröstlich ist es zu erfahren, dass nach 1990 die Schorfheide als Biosphärenreservat gesichert wurde.

Im Eingangsbeitrag des instruktiven Themenheftes befasst sich Erich Hobusch mit der Wolfsjagd und Legenden um den Lämmer reißenden Wolf, der vor 300 Jahren in unserer Gegend ausgerottet wurde, gefolgt von einer Betrachtung von André König, der sich mit dem Druckereibesitzer Georg Wilhelm Büxenstein und seinem Jagdschloss Hubertushöhe bei Storkow befasst. In Berlin zu Geld und Ansehen gekommen, leistete sich dieser Freizeitjäger das, was bis ins 19. Jahrhundert nur dem Adel vorbehalten war. Für ihn mag es wie ein Ritterschlag gewesen sein, dass Kaiser Wilhelm II. „wahrscheinlich“, wie König schreibt, 1905 dem malerisch in einem Park gelegenen Schloss Hubertushöhe einen Besuch abstattete. Gregor Geismeier schließlich entführt die Leser nach Berlin ins Jagschloss Grunewald. Im 16. Jahrhundert erbaut und weitgehend noch im Original erhalten, untersteht das „Haus zum grünen Wald“ der Preußischen Schlösserstiftung und wird als Renaissance- und als Jagdmuseum genutzt. Bilder und Fotos zeigen, dass sich fast alle Hohenzollern in dem weitläufigen und einsamen Revier rund um das Schloss Grunewald tummelten. Natürlich war auch Wilhelm II. dabei, der bereits ein Zielfernrohr benutzte und seinen Manöverküchenwagen so aufstellen ließ, dass er die Objekte seiner Begierde bequem auch beim Essen sehen konnte, wie ein Chronist berichtete. Das passt zu SED-Größen 80 Jahre später, die sich gemästetes Wild vor die Flinte hetzen ließen.

Die Mark Brandenburg, Heft 58 (September 2005). Marika Großer Verlag Berlin, 40 Seiten, 4 Euro.

Helmut Caspar

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