Siegeskolonnade als Point de vue -
Interessenten können bei der Restaurierung des Friedensdenkmals im Park von Sanssouci zuschauen







Bis 2012 wird die Kolonnade im Park Sanssouci, ein Meisterwerk barocker Bildhauerkunst restauriert. Rechts erkennt man einen Teil der Communs. Das mit antiken Gestalten geschmückte Triumphtor verbidet die Säulengänge und trägt die Jahreszahl 1769. (Fotos: Caspar)

In den kommenden Jahren wird im Park von Sanssouci eines der großartigsten und zugleich eines der am wenigsten bekannten Bauwerke aus der Zeit Friedrichs II. restauriert - die als Point de vue, also als Blickpunkt, konzipierte Kolonnade unweit es Neuen Palais, mit der der hintere Teil des Potsdamer Parks Sanssouci abgeschlossen wird. Die Kolonnade, eine der aufwändigsten Bildhauerarbeiten des Spätbarock, steht zu Unrecht im Schatten anderer Berühmtheiten im Park von Sanssouci. Der König von Preußen hatte sie zwischen zwei palastartigen Wirtschaftsbauten, den Communs, zeitgleich mit dem Neuen Palais als großartigen Blickpunkt sowie prächtiges Erinnerungsmal an den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) errichten lassen.

Die Sanierung und Restaurierung der Säulenreihe mit seitlichen Pavillons und einem Tor in der Mitte stellt Bildhauer und andere Steinspezialisten vor große Herausforderungen. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg lässt die Öffentlichkeit an dem ehrgeizigen Projekt teilnehmen, macht aus der Baustelle eine Schaustelle. So können Interessenten den Bauleuten über die Schulter blicken und sich schon heute auf die Fertigstellung der komplizierten Arbeiten freuen. Spätestens zum 300. Geburtstag des königlichen Erbauers am 24. Januar 2012 sollen sie abgeschlossen sein.

König Friedrich II., der Große, hatte schon vor dem letzten der drei Kriege um den Besitz von Schlesien Pläne für ein repräsentatives Schloss im hinteren Teil seines Parks zeichnen lassen, in dem er wohnen, aber auch fürstliche Gäste beherbergen wollte. Im 19. Jahrhundert war das Neue Palais eine von den Hohenzollern bevorzugte Sommerresidenz. Hier starb am 15. Juni 1888 nach nur 99 Tagen Regentschaft der „99-Tage-Kaiser“ Friedrich III., und hier unterzeichnete sein Sohn Wilhelm II. am 31. Juli 1914 eine Verordnung über den Kriegszustand des Kaiserreiches. Damit trat Deutschland in den Ersten Weltkrieg ein, an dessen Ende der Kaiser abdanken, das Neue Palais verlassen und ins Exil gehen musste.

Das spätbarocke Neue Palais wurde von 1763 bis 1769 nach Plänen von Johann Gottfried Büring, Jean Laurent Le Gay, Carl von Gontard und anderen Baumeistern erbaut. Der riesige Palast besitzt eine mächtige Kuppel, auf der drei Grazien die preußische Königskrone tragen. Angeblich sollen sie jene Frauen repräsentieren, mit denen der Preußenkönig in kriegerischem Streit lag – die römisch-deutsche Kaiserin Maria Theresia, Russlands Kaiserin Elisabeth und die Marquise von Pompadour, die auf den mit Preußen verfeindeten französischen König Ludwig XV. großen Einfluss besaß und wie eine Königin herrschte.

Die zum Neuen Palais gehörende Küche und weitere Wirtschafsteinrichtungen, aber auch Unterkünfte für Angehörige des Hofes und Diener wurden in den Communs untergebracht, denn die Herrschaften wollten unter sich bleiben. Um Speisen bequem zu transportieren, verbindet ein unterirdischer Gang die pavillonartigen Communs mit dem Neuen Palais. Die 1766 bis 1769 erbauten, Ende des Zweiten Weltkriegs beschädigten und vor einigen jahren restaurierten Communs werden jetzt von der Universität Potsdam genutzt.

Das Triumphtor in der Mitte des Säulenganges bildet den Blick- und Höhepunkt der Anlage, deren Figurenschmuck von den Brüdern Räntz, Kaplunger, Wohler und anderen Bildhauern geschaffen wurde. Die Jahreszahl MDCCXIX (1769) auf dem Tor erinnert an das Ende der Bauarbeiten am Neuen Palais sowie den Communs und der Kolonnade. Die Säulenreihe ist über und über mit figürlichen Anspielungen auf die Kriegstaten und Friedensleistungen des Großen Königs bedeckt. Denn Friedrich II. ließ nichts unversucht, sich als großer Kriegsherr und als Friedensbringer zu inszenieren, wobei er allerdings weder in einer Inschrift erwähnt noch leibhaftig dargestellt wird. Kriegs- und Friedensgötter aus der antiken Mythologie wie Mars, Pallas Athene und Victoria sowie geflügelte Genien und Putten schmücken den Säulengang, der eine Friedens- und eine Kriegsseite besitzt. So kontrastieren römische Soldaten beim Tanz sowie beim Spiel auf Blasinstrumenten mit blutigen Kampfesszenen. Solange die Gerüste stehen, können Freunde der Architektur und Bildhauerkunst den allegorischen und mythologischen Figuren direkt in die Augen schauen. Wenn sie abgebaut sein werden, legt die Schlösserstiftung eine Dokumentation über alle Arbeiten an diesem Prachtstück spätbarocker Bildhauerkunst vor.

Helmut Caspar

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