„Beglückende Ruhe“ -
Großzügige Schenkung konstantinischer Münzen an das Berliner Münzkabinett



Kaiser Constantin auf einem Doppelsolidus mit der Ansicht
von Trier (315-317 n. Chr.) sowie auf einem Trierer Follis
mit der Rückseitenaufschrift BEATA TRANQUILLITAS.
Fotos: Münzkabinett SMPK

Selten hatte das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz das Glück, eine bedeutende Münz- oder Medaillensammlung geschenkt zu bekommen. Jetzt übereignete ihm der Kölner Arzt und Sammler Carl Friedrich Zschucke eine kostbare Spezialsammlung römischer Münzen aus der Münzstätte Trier, die er von der Familie seines vor fünf Jahren verstorbenen Sammlerfreundes Dieter Alten erworben und durch eigene Stücke ergänzt hatte. Mit der hochherzigen Schenkung trägt Zschucke der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und ihrem Münzkabinett auf, die einmalige Sammlung als ein „kleines, aber originales Zeugnis und Testament unserer deutschen Frühgeschichte“ der Nachwelt zu erhalten und sie weiter für die Forschung zu nutzen.

Die Spezialsammlung umfasst rund 900 Exemplare von Trierer Folles, die in den Jahren 321/323 nach Christus geprägt wurden. Auf der Vorderseite sind in unterschiedlichen Ansichten und Varianten die Porträts des Kaisers Constantin, den man später den Großen nannte (reg. 306-337), und seiner Mitregenten Licinius, Chrispus, Constantin Iunior und Licinius Iunior abgebildet. Die Rückseitenumschrift BEATA TRANQUILLITAS (Beglückende, segensreiche Ruhe) drückt den Wunsch nach Kontinuität in der Regierung des Riesenreiches und friedlicher Gewaltenteilung unter den beteiligten Herrschern aus, kann aber auch als Motto gelten, unter dem Dieter Altens langjährige Sammlertätigkeit und Forschung stand.

Vor Zerstreuung bewahrt
Der Direktor des Münzkabinetts, Bernd Kluge, sprach Anfang Juni bei der offiziellen Übernahme der Sammlung von Glück und Befriedigung angesichts dieser großzügigen Schenkung, von der eine Auswahl bis in den Herbst 2004 hinein in der Schatzkammer des Münzkabinetts im Pergamonmuseum auf der Berliner Museumsinsel, umgeben von griechischen, römischen und byzantinischen Geprägen der Spitzenklasse, zu sehen ist. Die von Alten zusammengetragenen Münzen ergänzten aufs Schönste den schon vorhandenen Bestand, der sich vor allem aus Stücken eines großen, 1895 in Köln gehobenen Münzfundes zusammensetzt. Durch Aufnahme in das Berliner Münzkabinett sei dafür gesorgt, dass diese in ihrer Vollständigkeit und wissenschaftlichen Durchdringung einmalige Sammlung vor der nach dem Tod der Sammler üblichen Zerstreuung in alle Winde bewahrt wird. Bernhard Weisser, der die Antiken im Münzkabinett betreut, sprach von einer noblen Geste, auf die die Museen angesichts kaum noch zur Verfügung stehender öffentlicher Mittel mehr denn je angewiesen ist. Die Sammlung werde gesondert als Vermächtnis aufbewahrt und stehe jederzeit der Forschung zur Verfügung.

Zentrum der antiken Welt
Trier war im frühen vierten nachchristlichen Jahrhundert unter der Regentschaft von Kaiser Constantin dem Großen und seinen Mitregenten für wenige Jahre Zentrum der antiken Welt und überstrahlte in seiner politischen Bedeutung kurzzeitig sogar Rom, wie Carl Friedrich Zschucke bei der Vorstellung der Folles-Sammlung hervorhob. Hier wurde die Verwaltung des Riesenreiches organisiert, hier wurden Urkunden ausgestellt, und von hier aus wurden Soldaten in Marsch gesetzt. Trier versorgte den ganzen Nordwesten des Reiches mit riesigen Mengen von Münzen. Durch die ständige Erneuerung der Prägestempel kam eine außerordentliche Formenvielfalt zustande, die man auf den ersten Blick nicht gleich erkennt. Mit dem Geld aus Gold und Silber, mehr noch aus Kupfer wurden Söldner und Händler bezahlt, und auch in der Befreiung Britanniens aus den Händen des Usurpators Allectus im Jahre 297 n. Chr. steckte Geld aus der Stadt an der Mosel. Unter Constantin erlebte das kaiserliche Trier seine schönste Blüte. Einen Abglanz dessen, was man hier in antiker Zeit gebaut und mit Münzen der beiden Trierer Prägefabriken Officina prima und Officina secunda bezahlt hat, erlebt man heute noch in der mit großartiger Architektur aus jener Zeit bestückten Stadt.

Vielfalt der Varianten
Wenn man sucht, findet man fast an allen Ecken und Enden auch heute noch antike Münzen, und die Witwe des Sammlers, Steffi Alten, erzählte beim Besuch der Schatzkammer im Pergamonmuseum, wie ihr Mann (und andere Sammler auch) losgezogen sind, um Abraum nach antiken Münzen und anderen Relikten durchzusieben, und oft auch fündig wurden.

Dieter Altens systematische Suche nach Münzen mit der Aufschrift BEATA TRANQUILLITAS und der Abgleich mit Stücken in verschiedenen Münzkabinetten ergaben eine Vielfalt von Varianten nach Form und Dekoration der Porträtbüsten der fünf an der Prägung beteiligten Herrscher und den Umschriften auf der Vorderseite. Dazu kommen unterschiedlich gestaltete Rückseiten mit dem Globus auf dem Altar und dem Motto, das die Hoffnung auf Glück und inneren Frieden ausspricht.

Ein von Alten erdachtes System ermöglicht es, die in Frage kommenden Münzen schnell und zuverlässig einzuordnen. Das Altensche Regelwerk läßt auch Raum, um weitere, bisher noch unbekannte Stücke einzuordnen. Man muß sich allerdings in die Systematik einlesen und einen Blick für winzigste Details haben, um den ganzen Reichtum dieser nur drei Jahre umfassenden Sonderemission zu erkennen.

Die Sammlung Alten/Zschucke wurde in diesem Jahr in der Kleinen numismatischen Reihe der Trierer Münzfreunde e. V. unter dem Titel „D. Alten und C.-F. Zschucke, Die Römische Münzserie BEATA TRANQUILLITAS in der Prägestätte Trier 321-323, Trier 2004“ veröffentlicht. Das Buch hat 148 Seiten, zahlreiche Abbildungen und kostet 24,50 Euro (ISBN 3-923575-40-8). Das Pergamonmuseum auf der Berliner Museumsinsel und die Schatzkammer des Münzkabinetts sind Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, am Donnerstag bis 22 Uhr geöffnet.

Helmut Caspar

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