Ein Tresor für alle -
Berliner Münzkabinett lädt zu Tagen der offenen Tür ein



Die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Berliner Museumsinsel mit ihren fünf Häusern ist auf einer Zehn-Euro-Münze von 2002 abgebildet. Das genau einhundert Jahre alte Bodemuseum steht auf der Inselspitze am Zusammenfluß von Spree und Kupfergraben. (Foto: Bundesfinanzministerium)

Als vor einhundert Jahren, am 18. Oktober 1904, das nach einem Entwurf des Hofarchitekten Ernst von Ihne erbaute Kaiser-Friedrich-Museum in Anwesenheit der Spitzen des Reiches feierlich eröffnet wurde, waren die Meinungen über diesen neuen Stern der Berliner Museumslandschaft durchaus geteilt. Die einen hielten den Bau mit zwei Kuppeln und fünf Innenhöfen für verunglückt, für viel zu verschachtelt und zu protzig, andere lobten das Moderne an der Kombination der ausgestellten Gemälde, Skulpturen, Möbel und anderen Schaustücken mit der Innenarchitektur und die ausgeklügelte Lichtführung. Der Museumsname bezog sich vor hundert Jahren auf den 99-Tage-Kaiser Friedrich III., der 1888 nach dem Tod von Wilhelm I. nur etwas mehr als drei Monate regierte. Sein Sohn und Nachfolger Wilhelm II. setzte seinem kunstbegeisterten Vater und natürlich sich selbst mit dem Kuppelbau ein eindrucksvolles Denkmal. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Erinnerung an die Kaiserzeit politisch nicht mehr opportun, und folgerichtig hat man das beschädigte und notdürftig reparierte Haus am Zusammenfluß von Spree und Kupfergraben in Bodemuseum umbenannt. Dies geschah als Reverenz an Wilhelm von Bode (1845-1929), der sich als Generaldirektor der Königlichen beziehungsweise ab 1918 Staatlichen Museen große Verdienste um die Berliner Sammlungen erworben hat und sich, was wenig bekannt ist, auch als Förderer des Münzkabinetts hervortat.

Daß im Souterrain des Museums das Münzkabinett eingerichtet wurde, ging 1904 bei der Bewertung des Neubaues unter. Das hatte etwas mit der öffentlichen Wahrnehmung der im Kabinett vereinten numismatischen Schätze und wohl auch mit der Zurückhaltung der Kabinettsmitarbeiter zu tun, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Auch heute wird in der Berichterstattung über die seit Jahren laufende und demnächst beendeten Generalsanierung des Kuppelbaues gern übersehen, daß er Heimstatt der wohl ältesten, noch von den brandenburgischen Kurfürsten angelegten Kunst- und Geschichtssammlung, eben des Münzkabinetts, ist.

Das Münzkabinett kehrt jetzt nach langjähriger Abwesenheit als erste Sammlung wieder in das von Dach bis Keller sanierte Bodemuseum zurück. Seine Mitarbeiter sind seit Wochen damit beschäftigt, die an sicherer Stelle deponierten Bestände an ihre Stammplätze zurückzubringen. Künftig soll das Bodemuseum auch Heimstatt der Skulpturensammlung sein und Teile der Gemäldegalerie aufnehmen, deren heutiger Standort am Kulturforum im Bezirk Tierarten aufgegeben werden soll.

Am 23. und 24. Oktober 2004 präsentiert die Münz- und Medaillensammlung für zwei Tage der interessierten Öffentlichkeit ihren 60 Meter langen Tresor. Anlass für die Öffnung der hinter dicken Stahltüren untergebrachten Schatzkammer ist die Rückkehr des Münzkabinetts aus seiner bisherigen provisorischen Unterkunft während der Umbauphase im Pergamonmuseum in seine angestammten Räume. Zugleich wird auch der Eröffnung des damaligen Kaiser-Friedrich-Museums hundert Jahre zuvor gedacht. Bundesfinanzminister Hans Eichel ist als Hauptredner der Feierstunde eingeladen.

Besucher haben am vierten Wochenende im Oktober die einzigartige Gelegenheit, im Münzkabinett an der 60 Meter langen Straße aus Gold und Silber vorbeizudefilieren und sich von seinen Mitarbeitern die dort lagernden numismatische Schätze erläutern zu lassen. Indem das Kabinett seine dicke Tresortür aus Stahl fürs Publikum öffnet, möchte es auf seine Arbeit und seine Bestände aufmerksam machen und die Öffentlichkeit für Fragen der Münz-, Medaillen- und Geldgeschichte, für die Befragung von Münzen und ganzen Funden als einzigartige historische Quellen interessieren und auch zeigen, welcher wissenschaftliche Nutzen aus der Beschäftigung mit dieser Hinterlassenschaft erwächst.

Die in der über vierhundertjährigen Geschichte der Berliner Münzsammlung ungewöhnliche Aktion wird gewiß auch neugierig machen auf eine für später im Bodemuseum geplante Dauerausstellung, in der eine Auswahl von besonders schönen und historisch bedeutsamen Münzen, Medaillen, Geldscheinen und anderen Objekten präsentiert werden soll. Schon seit Jahren lädt die vom Münzkabinett im Pergamonmuseum eingerichtete Schatzkammer zum Besuch ein. Sie präsentiert besonders kostbare numismatische Zeugnisse aus dem klassischen Griechenland sowie aus dem römischen und byzantinischen Reich und regt damit zum Vergleich mit den ein paar Säle weiter aufgestellten Werken antiker Bildhauerkunst an.

Helmut Caspar

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