Jahreszahlen auf Münzen -
Römische Buchstaben und verschlüsselte Daten


Die „25“ auf dem Glückstädter Halbtaler des dänischen Königs Christian IV. ist als 1625 zu lesen. (Foto: Caspar)

Es hat lange gedauert, bis Jahreszahlen, wie wir sie gewohnt sind, auf Münzen gebräuchlich wurden. Geldstücke der Neuzeit sind, wie die in der Antike und im Mittelalter, häufig nicht oder nur verschlüsselt datiert; dennoch ist es in vielen Fällen möglich, die Entstehungszeit ziemlich genau festzustellen. Dazu liefern Namen von Herrschern und Münzmeistern, Angaben über Ämter und die Länge von Regentschaften wichtige Anhaltspunkte, um die Entstehung einer Münze zeitlich einordnen zu können. Weitere Anhaltspunkte bieten die Herstellungstechnik, der Duktus der Gravur sowie der Münzfuß, in dem das betreffende Geldstück geprägt wurde.

Während die in römischen Zahlenbuchstaben ausgedrückten Datierungen nach christlichem Kalender auf mittelalterlichen Urkunden einen festen Platz haben, kommen Jahreszahlen auf abendländischen Münzen des Mittelalters lange Zeit überhaupt nicht vor. Die „ewigen Pfennige“ oder auch die prächtigen Brakteaten mit ihren eindrucksvollen Herrscher-, Wappen- und Architekturdarstellungen kamen sehr gut ohne diese für uns heute selbstverständlichen Angaben aus, außerdem kannte man die Regierungszeit der auf den Münzen abgebildeten oder erwähnten Fürsten. Niemand dachte damals daran, dass die exakte Datierung und personelle Zuordnung von Prägestücken aller Art später für Numismatiker und Geschichtsforscher wichtig sein können.

Erst im hohen Mittelalter wurden Jahresangaben modisch. Römischen Ziffern auf einem dänischen Silberdenar von König Waldemar II. dem Sieger werden, obwohl lückenhaft überliefert, als 1248 gelesen und gelten damit als ältestes Beispiel einer solchen Datierung. Die älteste Münzdatierung in Deutschland stammt von 1372 und erscheint als ANNO DOMINI MCCCLXXII auf einem Aachener Groschen. Nach der Tradition beginnen die Angaben links stets mit dem höchsten Wert, in diesem Fall also mit 1000 (M), es folgen die Jahrhunderte C sowie die kleineren Ziffern. Man braucht nicht viel Übung, um die Zahlen lesen zu können.

Im 14. Jahrhundert, als Silbergroschen sowie Goldgulden massenhaft geprägt wurden, wurden Jahreszahlen immer gebräuchlicher meist in Form von römischen Buchstaben, die sich in ihrem Design an gotische Versalien, gelegentlich auch Mönchsschrift genannt, anlehnen. Schaut man sich solche frühen Beispiele an, so erkennt man gewisse Unsicherheiten bei den Stempelschneidern bei der korrekten Wiedergabe der Zahlen in römischen Buchstaben. Häufig waren die Handwerker nicht des Lesens und Schreibens kundig, und so kommen Fehler nicht nur bei Zahlen, sondern auch bei Namen, Titeln und anderen Angaben vor. Ein Groschen aus der Münze zu Frankfurt an der Oder etwa trägt die Jahreszahl MVC, eigentlich zu lesen als 10951). Da es zu jenem Zeitpunkt allerdings noch keine Münzen dieser Art gibt, muß sie etwas anderes bedeuten. Sie ist daher als „tausend fünf hundert“ zu lesen. Jahresangaben in arabischen Ziffern, wie wir sie heute verwenden, kamen im 15. und 16. Jahrhundert in Mode. Man sollte sich nicht täuschen lassen, wenn sie auch mal verstümmelt wurden, indem man aus Platzgründen die Tausender und Hunderter wegließ. Jahresangaben in Zehnern und Einern kommen häufig vor. In Verbindung mit dargestellten Herrschern lassen sie sich aber ohne Schwierigkeiten vervollständigen.
1)(Auch das wäre eigentlich nicht ganz korrekt, denn ein kleineres Zahlzeichen vor ein größeres zu setzen, um es von diesem abzuziehen, war nur bei C, X und I üblich, nicht bei V.)

Helmut Caspar

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