Kleinstübers Ruhe –
Grabstätten auf einem Berliner Friedhof erinnern an bekannten Münztechniker und neue Maße und Gewichte vor 130 Jahren


Frisch restauriert ist das Kleinstübersche Grabmal auf dem Sankt-Georgen-Friedhof in Berlin. (Foto: Caspar)

Münzdirektoren und andere mit der Geldherstellung befasste Leute haben schon immer großes Ansehen genossen. In alter Zeit nahmen sie an fürstlichen Höfen und in städtischen Verwaltungen wichtige Vertrauensstellungen ein, doch wehe, wenn sie diese missbrauchten. Der Tod am Galgen oder im siedenden Fett konnte die Folge sein. Daß Münzbeamte unter prächtigen Grabmälern ruhen, kommt schon mal vor. Eine Ausnahme aber ist, wenn ein solches Grabmal erhalten und sogar noch auf einer zeitgleich geprägten Medaille abgebildet ist.

Beides kommt bei dem königlich-preußischen Münzmechaniker Johann Gottlieb Ernst Kleinstüber (1773-1834) zusammen. Sein vor einigen Jahren sorgsam restauriertes Grabmal, eine besondere Rarität in der Berliner Friedhofsarchitektur, ist ganz dem Klassizismus der Schinkelzeit verpflichtet. Das Bildwerk auf dem Sankt-Georgen-Friedhof an der Greifswalder Allee (Zugang am besten über Heinrich-Roller-Straße), ein paar Fußminuten vom Alexanderplatz entfernt, zeigt eine sitzende Frau in antikisierender Gewandung. Sie symbolisiert die trauernde Gattin und bekränzt eine Urne. Die teilweise Vergoldung verleiht der ergreifenden Darstellung ganz aus Eisenkunstguß zusätzliche Strahlkraft. Die halbovale Wand hinter der Trauernden besagt, daß sich hier „Kleinstübers Ruhe“ befindet. Die Inschrift auf dem Sockel aus rotem Granit nennt den Münzmechaniker und seine Frau Sally mit ihren Lebensdaten, verzichtet aber auf jedwede rühmenden Worte.

Die gleiche Darstellung findet auch auf einer von dem bekannten Berliner Medailleur Henri François Brandt geschaffenen Medaille auf Kleinstübers Tod im Jahre 1834. Die Vorderseite zeigt den noch jugendlichen Kopf des Münzmechanikers, während die Rückseite jenes Grabdenkmal in Miniaturformat präsentiert. Kleinstüber hatte sich unstreitbare Verdienste um die Verbesserung des Münzbetriebs in Preußen erworben. Als Leiter der Maschinenbauanstalt der in mehreren Gebäuden untergebrachten Berliner Münze half er, die technische Fertigung des preußischen Hartgeldes zu modernisieren, und außerdem konstruierte er auch eigene Geräte zum Rändeln und Justieren der Gold- und Silbermünzen. Erwähnt sei, dass er mit dem Erfinder der Kniehebelpresse, Diederich Uhlhorn, im Streit lag, weil er dessen Konstruktion als unpraktisch erkannte. Als sich die Kniehebelpresse in Berlin und anderswo durchgesetzt hatte, war Kleinstüber schon tot.

Nur wenige Schritte vom Kleinstüberschen Grabmal gibt es ein anderes, ebenfalls numismatisch interessantes Grabmal zu bestaunen. Hier wurden Angehörige der seinerzeit hochangesehehen Berliner Baumeisterfamilie Zeitler bestattet. „Die Stadt Berlin erhält diese Gruft aus den Mitteln der Stiftung eines Ungenannten“ liest man neben dem mit 1870 datierten Mausoleum. Eine Inschrift links an einer Seitenwand nennt Löhne und Preise nach dem „glücklichen deutsch französischen Siebenmonats Krieg 1871 71 n. Chr.“ In der Reichshauptstadt Berlin habe es so viel Arbeit gegeben, daß die Arbeiter „knapp“ waren. Man löste das Problem durch „höhere Löhne und kürzere Arbeitszeit“, ist auf der noch gut erhaltenen Granittafel zu lesen. Während man das jedoch Grabmal baute, wurden die Löhne gesenkt und die Kosten für die harten Ziegel merklich erhöht. Die Inschrift erwähnt zudem, daß während der Bauzeit auch die bisher üblichen Maße und Gewichte sowie das Geld verändert wurden. Die Umstellung erfolgte von Rute und Zoll auf den „100 theiligen Meterstab“, und man rückte auch von der Zahlung in Talern ab und ging zur „Gold (Mark) Währung“ über. Neue Gesetze seien entstanden, heißt es ganz zum Schluß, und die Inschrift erwähnt speziell die, wie wir heute sagen würden, Zivilehe und ein „Strafgesetzbuch für alle Deutschen“.

Helmut Caspar

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