Sachsenpfennige in der Prignitz
Archäologische Notbergung brachte ungewöhnlichen Münzfund aus dem 11. Jahrhundert ans Tageslicht


Münzenprägen war ein fürstliches Privileg. Im „Sachsenspiegel“ schaut der Herrscher seinem Münzmeister kritisch über die Schulter. Jedes Fehlverhalten wurde blutig geahndet. (Zeichnung: Helmut Caspar)

Münzen werden in der Regel bei systematischen Ausgrabungen, manchmal in Innenstädten bei Erdarbeiten oder der Verlegung von Versorgungstrassen, selten auf dem freien Feld entdeckt. Dieser Ausnahmefall trat, wie erst jetzt bekannt wurde, im Frühjahr 2004 ein, nachdem ein Bauer in Plänitz (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) tiefer als sonst gepflügt hatte und wachsame Archäologen auf hellen Sand aufmerksam wurden, der bei dieser Gelegenheit ans Tageslicht trat und sich von der dunklen Ackerkrume abhob. Sie forschten nach und fanden zunächst nur eine Handvoll Silbermünzen. Als das Gelände im Rahmen einer vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum (BLDAM) veranlassten Notbergung systematisch abgesucht wurde, konnten insgesamt 601 Silbermünzen aus dem 11. Jahrhundert geborgen werden. Vermutlich waren sie in einem – heute längst vergangenen – Leinenbeutel verpackt.

Die sogenannten Sachsenpfennige kommen in zwei Versionen vor. Der eine Typ zeigt auf der Vorderseite ein Kreuz im Kugelkreis und auf der Rückseite ein Keilkreuz mit Punkten und Winkeln und ist vermutlich ab etwa 1060 in der Mark Meißen entstanden. Der zweite Typ dieser auch als Randpfennige bekannten Münzen hat ein Kreuz mit Kugeln und Ringeln in den Winkeln und auf der Rückseite ein Keilkreuz ohne Beizeichen. Die Geldsstücke wurden ab etwa 1065 im mittleren Saalegebiet, möglicherweise in Naumburg geprägt. Einige wenige Münzen stammen aus den Herzogtümern Niederlothringen und Sachsen. Eine Besonderheit ist ein silbernes Medaillon aus Südosteuropa oder Kleinasien, das deutliche Tragespuren aufweist. Wie die ungewöhnliche Ansammlung geprägten Silbers aus Mitteldeutschland in die nördlich gelegene Prignitz gelangte, kann nicht erklärt werden, wird aber mit weitreichenden Handelsverbindungen zu tun haben.

Der Silberhort repräsentiert ein bedeutendes Vermögen, für das man vor tausend Jahren einiges Vieh, aber auch Waffen und Hausrat kaufen konnte. Bei ihm handelt es sich nach Angaben des brandenburgischen Kulturministeriums in Potsdam um den größten Schatz dieser Art, der bisher in der Prignitz gefunden wurde. Nach Information des Berliner Münzfundexperten Burkhard Schauer konnte man für das Geld etwa 20 Schweine oder zwei gute Pferde kaufen. Da in der damaligen Zeit in der Region, man möchte es nicht glauben, auch Sklaven ge- und verkauft wurden, entspricht der Wert des jetzt bekannt gewordenen Schatzes etwa drei bis vier Sklaven. Der Münzfund von Plänitz unterstreicht einmal mehr die wirtschaftliche Bedeutung dieser bereits durch archäologische Forschungen gut dokumentierten Siedlungen und wirft ein Schlaglicht auf die sich in damaliger Zeit entwickelnden Ware-Geld-Beziehungen. Eigene Münzen wurden erst Jahrhunderte später in der Region hergestellt. Vor tausend Jahren musste man sich noch mit Importen helfen.

Im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum mit Sitz in Wünsdorf wird der Fund als Glücksfall der Mittelalterarchäologie bezeichnet, wirft er doch neues, interessantes Licht auf eine über tausend Jahre alte Siedlung in der Prignitz. Die Gegend um Plänitz ist seit dem 7. und 8. Jahrhundert durchgehend bewohnt. Hier lebte der im Jahre 948 erstmals erwähnte slawische Stamm der Dossanen, die sich mit den stark befestigten Burganlagen in Wusterhausen und Kyritz wichtige Verwaltungs- und Handelszentren schufen. Änderungen im Siedlungswesen traten erst mit der deutschen Herrschaftsbildung nach 1150 ein. Die slawischen Siedlungen wurden aufgelassen, und die Bewohner gründeten zusammen mit Kolonisten das heutige Dorf Plänitz. Helmut Caspar

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