Sesam öffne dich -
Berliner Münzkabinett zeigte an zwei Tagen
seinen berühmten Tresor


Der restaurierte Tresor des Münzkabinetts öffnete sich an zwei Tagen dem Publikum.


Dr. Wolfgang Steguweit zeigte im Münzkabinett eine kostbare englische Goldmünze mit reicher Randverzierung. (Fotos: Caspar)

Der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. war ein Mann, dem das Sparen und Plusmachen, wie er sagte, sehr am Herzen lag. Nach der Thronbesteigung im Jahre 1713 entließ er nicht nur zahlreiche Höflinge und schraubte die Staatsausgaben herunter, um mit dem Schuldenberg seines Vaters fertigzuwerden. Er wählte auch aus der königlichen Münzsammlung 319 schwere Goldmünzen und –medaillen, um sie dem Schmelztiegel zur Gewinnung neuer Dukaten mit seinem eigenen Bildnis zu überantworten. Der Fall ist einmalig in der Geschichte des Berliner Münzkabinetts, das sich als Bestandteil der kurfürstlichen Kunstkammer, ab 1830 der Königlichen Museen ansonsten großzügiger Förderung durch das hohenzollernsche Herrscherhauses erfreute und vor allem im 19. und frühen 20. Jahrhundert viele private Mäzene zu Stiftungen und Geschenken anregte.

Am 22. Oktober 2004 erhielt das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin fünf neue deutsche Goldstücke als Geschenk aus den Händen des Bundesfinanzministers Hans Eichel und weitere Morgengaben anlässlich seiner Rückkehr ins Bodemuseum nach sechsjähriger Abwesenheit. In einer Feierstunde betonte Eichel die Verpflichtung des Staates zum Erhalt des kulturellen Erbes, auch wenn die Kassen klamm sind, und würdigte bürgerschaftliches Engagement, ohne das Museen wie das Münzkabinett nicht gedeihen können. Der Direktor des Münzkabinetts, Prof. Dr. Bernd Kluge, nahm die fünf bisher von der Bundesrepublik Deutschland geprägten Goldmünzen mit Dank an und erinnerte daran, dass es dem Kabinett nicht immer gut gegangen ist, wie die eingangs geschilderte Episode zeigt. Mit der Rückkehr ins Bodemuseum sei das Kabinett, das Kluge als „geheimnisvolles U-Boot in der Flotte der Berliner Museen“ beschrieb, wieder in der Öffentlichkeit präsent und stehe nun ohne Umschweife Forschern und Sammlern zur Verfügung.

Kluges besonderer Dank galt dem Ehepaar Erivan und Helga Haub, das dem Münzkabinett zur Rückkehr in seine angestammten Räume 100 000 Euro gestiftet hat. Aus den Erträgen dieser Stiftung kann die Sammlung, die in den letzten Jahren wegen der prekären Finanzlage der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz kaum etwas ankaufen konnte, nun wieder dringend notwendige Neuerwerbungen tätigen. Als Geschenk von Erivan und Helga Haub gelangte auch eine einmalige Kollektion von 500 Porträtstichen des 16. bis 19. Jahrhunderts aus dem Besitz des Nestors der deutschen Numismatik, Peter Berghaus, ins Kabinett. Hocherfreut zeigte sich Kluge auch über eine aus seltenen brandenburg-preußischen Medaillen und Münzen aus Gold und Silber bestehende Morgengabe des Kuratoriums Museumsinsel an das Kabinett. Unter den Raritäten befinden sich eine Porträtmedaille von Friedrich Hagenauer mit dem Bildnis des brandenburgischen Kurfürsten Joachim I. (1530), ein Dukat des Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg (1610), ein Königsberger Dukat des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. (1715) und ein Magdeburger Gulden des gleichen Herrschers, die bisher noch in der Sammlung fehlten.

Zur Hundertjahrfeier des Bodemuseums, das am 18. Oktober 1904 mit großem Pomp als Kaiser-Friedrich-Museum eröffnet wurde, und des Rückkehr des Münzkabinetts dorthin wurde am 23. und 24. September im Münzkabinett ein Jahrhundertereignis inszeniert - die erste und einmalige Öffnung des knapp 60 Meter langen Tresors, in dem das Münzkabinett seit 1904 mit Unterbrechungen in der Kriegs- und Nachkriegszeit seine Schätze aus Gold, Silber und Kupfer aufbewahrt. Mit der Einladung an die Berliner und ihre Gäste in den Großen Tresor verband Bernd Kluge die Hoffnung, dass das Kabinett, das nicht so sehr im Rampenlicht wie andere Sammlungen der Staatlichen Museen steht, der größeren Öffentlichkeit bekannt wird und sich die Akzeptanz der Numismatik außerhalb der Forschung und der Sammlerschaft weiter erhöht. Die Möglichkeit, das in der Geschichte des Kabinetts einmalige „Sesam öffne dich“ zu nutzen und die sicher unter Glas in Schubladen ausgelegten antiken, mittelalterlichen und neuzeitlichen Prägungen zu betrachten und sich fachmännisch erläutern zu lassen, wurde in reichem Maße angenommen.

Im Bodemuseum haben zurzeit noch die Handwerker und Restauratoren das Sagen. Für 170 Millionen Euro wird seit 1998 der Kuppelbau von Dach bis Keller saniert. Einen ganz kleinen Anteil an der Bausumme, nämlich 5,5 Millionen Euro, nahm die Restaurierung und technische Ertüchtigung des Münzkabinetts und seiner noch original im Stil der Erbauungszeit eingerichteten Räume in Anspruch. Im kommenden Jahr werden die Bau- und Restaurierungsarbeiten abgeschlossen, danach richten in dem in altem Glanz wiedererstandenen Kuppelbau die Skulpturensammlung, die Gemäldegalerie und die Kindergalerie ihre Schau- und Arbeitsräume ein.

Zum Wiedereinzug des Münzkabinetts ins Bodemuseum erschienen drei Publikationen. Bernd Kluge stellt im Heft 9 der von den Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz herausgegebenen Reihe „Das Kabinett“ das Münzkabinett als Museum und Wissenschaftsinstitut vor und berichtet aus seiner wechselvollen Geschichte, nennt Direktoren und Förderer und zählt auch bedeutende Ankäufe und Schenkungen auf. Kluge berichtet desweiteren in einer numismatischen Skizze über die Rolle von „Münze und Geld im Mittelalter“, so der Titel der von der Münzhandlung Dr. Busso Peus Frankfurt am Main herausgegebenen Broschüre. Schließlich würdigt Dr. Wolfgang Steguweit Leben und Werk des im Jahr 1703 verstorbenen Berliner Stempelschneiders Raimund Faltz. Das Buch erschien im Gebr. Mann Verlag als Band 9 der Reihe Berliner Numismatische Forschungen“.

Besucher können sich im Studiensaal des Münzkabinetts dienstags bis freitags von 10 bis 16.30 Uhr über die halbe Million im Kabinett befindlichen Münzen sowie Medaillen und die anderen numismatischen Zeugnisse informieren. Um telefonische Voranmeldung unter 030/20905701 wird gebeten.

Helmut Caspar

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