Es begann mit Schinkel und Leibniz -
Vor 40 Jahren wurden in der DDR erstmals Silbermünzen geprägt





Mit Leibniz und Schinkel startete die DDR vor 40 Jahren ihre Gedenkmünzenserie, die es bis zum Ende des zweiten deutschen Staates 1990 auf eine stattliche Stückzahl brachte. (Fotos: Caspar)

Die Bundesrepublik Deutschland begann 1952 mit der Ausgabe von silbernen Gedenkmünzen, erst vierzehn Jahre später schloss sich die DDR dem Trend an. Produzent der nunmehr 40 Jahre alten Gedenkmünzen aus Silber mit der Jahreszahl 1966 war der VEB Münze der DDR am Berliner Molkenmarkt. Das von Gerhard Rommel und Axel Bertram gestaltete Zehnmarkstück wurde zum 125. Todestag des preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel herausgebracht, dazu kam ein von Rommel und Dietrich Dorfstecher entworfenes Zwanzigmarkstück zum 250. Todestag des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz geprägt, dem unter anderem die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften im Jahr 1700 zu verdanken ist.

Im Gegensatz zu den ersten, in einer Auflage von 200 000 Stück geprägten bundesdeutschen Fünfmarkmünzen „Germanisches Nationalmuseum“ (von 1952) sowie Friedrich Schiller und Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden (beide 1955), die anfangs kaum jemand haben wollte, stießen die neuen Silbermünzen der DDR bei Sammlern im zweiten deutschen Staat auf großes Interesse. Die Novitäten waren nicht ohne weiteres zu haben, doch wer einer Sammlergruppe des Kulturbundes angehörte und immer hübsch die Versammlungen besuchte, bekam einen oberen Platz auf der Warteliste. Es ist ein Treppenwitz, dass Ostdeutsche, sofern sie Westgeld besaßen, die eigenen Gedenkmünzen im Intershop kaufen konnten, natürlich zu deutlich überhöhten Preisen. Erst nach der Wiedervereinigung gelang es vielen Sammlern, ihre Lücken aufzufüllen.

Beteiligt an der Gestaltung der DDR-Münzen waren die Bildhauer und Grafiker Axel Bertram, Dietrich Dorfstecher, Wilfried Fitzenreiter, Heinz Hoyer, Gerhard Rommel, das Künstlerehepaar Sneschana Russewa-Hoyer und viele andere. Axel Bertram, der die für die Emissionen zuständige Staatsbank über viele Jahre in künstlerischen Fragen beriet, hat dem Geldinstitut im Rückblick Kompetenz und das Bemühen um partnerschaftliche Zusammenarbeit bescheinigt. Dass die Auftraggeber auf Ausschreibungen zur Ermittlung der besten Entwürfe verzichteten, wie das eigentlich üblich ist, führt er auf „enorme“ Sparsamkeit zurück, „aber natürlich auch, weil die Bankleute die Entwurfsarbeit bis zur Realisierung für übertrieben vertraulich hielten“.

Ungewöhnlich und klar von den bundesdeutschen Gedenkmünzen abweichend waren die schüsselförmigen, scharfrandigen DDR-Prägungen. „Der muldenförmig vertiefte Münzrand war von Anfang an vorgegeben. Er war wohl international selten, man versprach sich davon eine gewisse Attraktivität. Der Vorzug bestand in der Möglichkeit, den Entwurf stärker plastisch durchzugestalten und größere Reliefhöhen im Teller zu gewinnen“. Nachteilig war laut Bertram der Zwang zu konzentrischen Kompositionen gewesen. Damit seien „unkonventionelle, pointierte Anordnungen“ ausgeschieden.

Bis zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurden in der Staatlichen Münze Berlin, kenntlich an dem seit 1750 geltenden Buchstaben A, zahlreiche Gedenkmünzen zu 20, 10 und - ab 1968 - 5 Mark geprägt. Anlässe gab es zur Genüge - die so häufig gefeierten und zur politischen Selbstbeweihräucherung genutzten Staats- und Stadtjubiläen, Geburtstage und Todestage historischer Persönlichkeiten und ähnliches. Außerdem wurden berühmte Bauwerke, Mahnmale und andere Sehenswürdigkeiten vermarktet. Auch dies war ein beliebtes Mittel, von den öden und verwahrlosten Altstädten mit ihren ruinierten Wohnvierteln und Baudenkmälern abzulenken. Ziel war neben der Eigenpropaganda natürlich die Erwirtschaftung von harten Devisen. Dieser Drang nach „Westmark“ trieb eigenartige Blüten. So wurden unterschiedliche Versionen ein und desselben Prägeanlasses hergestellt, mal in einer vergleichsweise hohen Auflage, mal in geringer Stückzahl und manchmal auch in einem von der Norm abweichenden Metall. Da Sammler immer danach streben, ihre Kollektion möglichst vollständig zu bekommen, rechneten die Initiatoren dieser Doppelausgaben damit, dass viel Westgeld ausgegeben wird, auch an diese Raritäten zu gelangen.

Erst nach der Wiedervereinigung wurden manche Geheimnisse um die DDR-Münzen gelüftet. So stellte sich bei der Sichtung von Akten der Staatsbank und der Berliner Münze heraus, dass die offiziellen Prägezahlen häufig nicht stimmen. Denn von etlichen Ausgaben wurden gelegentlich tausende Stücke eingeschmolzen, um Silber für neue Emissionen zu gewinnen. Die vermeintlichen und wirklichen Auflagen findet man dank dieser Ermittlungen in den aktuellen Münzkatalogen.

Helmut Caspar

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