Prägetechnik landete nicht im Schrott -
Seltene Geräte aus dem 18. Jahrhundert in Stolberg ausgestellt


Das Museum Alte Münze ist in einem der schönsten Fachwerkhäuser von Stolberg untergebracht. (Foto: Caspar)

Überall im ehemaligen Römisch-deutschen Reich hat es Pägewerkstätten gegeben, die meisten gingen unter, und mit ihnen auch die Gieß-, Walz- und Prägeapparate und was sonst noch zur technischen Ausrüstung gehörte. Allenfalls aus archivarischen Gründen hat man einige Stempel aufgehoben. Erstaunlich viele Inventarstücke sind aus der gräflichen Münze zu Stolberg (Sachsen-Anhalt, Kreis Sangerhausen) auf uns gekommen. Das Harzstädtchen zeigt in einem 1535 erbauten Fachwerkhaus an der Niedergasse eine funktionstüchtige Münzstätte, wie sie im 18. Jahrhundert in Gebrauch war. Fachliche Hilfe für die Neugestaltung der Ausstellung gab das Landesmünzkabinett Sachsen-Anhalt in Halle, das auch wertvolle Münzen und Medaillen und Stiche mit Ansichten alter Münzstätten zur Verfügung stellte.

Schon in DDR-Zeiten wurde in der „Alten Münze“, in dem der Münzmeister Hans Glintz der Ältere den ersten Stolberger Taler von 1546 prägte, gezeigt, ergänzt durch über 250 Jahre alte Gerätschaften zur manuellen Geldherstellung. In einer Auswahl wurden schon damals Prägestempel mit dem eingravierten Hirsch als dem Stolberger Wappentier sowie Bergbaulandschaften und anderen Motiven der Grafschaft ausgelegt. Die Besucher erfahren heute in der um viele Exponate vermehrten Ausstellung, wie das Metall, meist Silber, gegossen, gewalzt, gestückelt, justiert und schließlich unter kräftigen Hammerschlägen beziehungsweise mit Hilfe einer Spindelpresse in kurantes Geld verwandelt wurde.

Die Dank glücklicher Umstände erstaunlich gut überlieferte Münzstätte in einem der schönsten Häuser von Stolberg ist ein einzigartiges historisches Kleinod, ein technisches Denkmal, wie es in Deutschland kein zweites Mal existiert, betont die Ausstellungsgestalterin Monika Lücke beim Rundgang durch das Haus, in dem Schmelz- und Prägestuben sowie der Arbeitsplatz eines Münzgraveurs nachgestaltet sind. Zwar gebe es in vielen technischen Museen und Münzkabinetten manches technisches Gerät, aber in dieser Reichhaltigkeit sei es nur in Stolberg erhalten, bemerkt die Historikerin mit nicht geringem Stolz.

Die wohl eindrucksvollsten Apparate sind die auch Anwurf oder Balancier genannten Spindelpressen mit ihren langen, kugelbewehrten Schwungarmen. Auf ihnen ließen sich größere und bessere Sorten wie Dukaten, Taler und Gulden sowie Medaillen fehlerfrei prägen. Ein solches Gerät wurde für die neue Ausstellung nach dem Vorbild einer im Gothaer Schloß Friedenstein aufgestellten Spindelpresse nachgebaut. Münzknechte in historischen Kostümen stellen auf der Spindelpresse Silbermedaillen mit der Ansicht der Alten Münze zu Stolberg und einer Spindelpresse her, an der sich in barocker Manier zwei geflügelte Putten zu schaffen machen. Ulf Dräger, Leiter des Münzkabinetts in Halle, kann sich vorstellen, dass in der Stolberger Münze auch für Privatleute Medaillen vom Entwurf über die Stempelgravur bis zur Ausprägung auf der Spindelpresse hergestellt werden. Der Ort sei bestens für solche Arbeiten prädestiniert, alle notwendigen Geräte seien vorhanden. Zusätzliche Attraktivität gewinne die Idee dadurch, dass man beim Prägen auch zuschauen kann.

Das Museum Alte Münze, Niedergasse 19, 0657 Stolberg (Harz) ist Mittwoch bis Sonntag von 10-12.30 und von 13-17 Uhr geöffnet. Weitere Informationen Telefon 034654-85960 und im Internet www.stadt-stolberg.de.

Helmut Caspar

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