Langer Weg vom Erz zur Münze -
Interdisziplinäre Tagung zu Fragen der Münztechnik im April 2006



Im Museum „Alte Münze“ zu Stolberg im Harz ist eine mit originalen Werkzeugen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert bestückte Münzwerkstatt eingerichtet. Neue Forschungen beleuchten die Arbeit in der gräflichen Geldfabrik, die 1809 aufgehoben wurde. (Foto: Caspar)

Numismatiker können von geprägtem Geld vielfältige Informationen ableiten. Sie ziehen Urkunden und Münzmandaten für ihre Untersuchungen heran, werten Schatzfunde aus und gewinnen Erkenntnisse, zu denen andere historische Disziplinen nicht gelangen. Nur selten interessiert allerdings, wie die Prägestücke entstanden sind und welcher Anstrengungen es bedurfte, um das Erz in klingende Münze zu verwandeln. Genau dies ist Thema einer interdisziplinären Tagung, zu der die Numismatische Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland und die Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft einladen. Die Veranstaltung über die Geschichte der Metallgeldproduktion ab 1500 findet Anfang April 2006 statt; das genaue Datum wird noch bekannt gegeben. Es ist daran gedacht, sie in Stolberg (Harz) abzuhalten, wo im Museum „Alte Münze“ eine historische Münzwerkstatt aufgebaut und bis August 2006 eine Ausstellung von Münzen und Medaillen mit münztechnischen Darstellungen aus dem Besitz des Plauener Sammlers Richard Peterhänsel gezeigt wird.

Nach Aufhebung der gräflich-stolbergischen Prägeanstalt hat man die Gerätschaften nicht verschrottet, sondern eingelagert, so daß man mit ihnen eine Münzwerkstatt inszenieren kann, wie sie im 18. Jahrhundert ausgesehen haben mag. An der Gestaltung der Ausstellung hat auch das Landesmünzkabinett von Sachsen-Anhalt in Halle an der Saale mitgewirkt und auch eine Reihe von stolbergischen Münzen, kenntlich am Hirsch, dem Wappentier der Stolberger Grafen, beigesteuert. Dokumentiert wird anhand von historischen Abbildungen und Geräten, welcher Arbeitsgänge es bedurfte und welche Hilfsmittel man sich bediente, um auf einem langen Weg aus dem zuvor gegossenen, gewalzten und gestückelten Münzmetall Groschen, Taler oder Dukaten herzustellen.

Eingeladen sind Berufs- und Laiennumismatiker, Sammler, Technikhistoriker und andere Interessenten, die sich mit der Fertigung von Münzen und, was oft mit den Methoden und Geräten übereinstimmt, auch von Medaillen befassen. Auf der Tagung soll dargelegt werden, wie eng die Münztechnik mit der Umformtechnik verwandt ist und welches die Gründe waren, im späten Mittelalter neue, effektive Technologien für die massenhafte Herstellung stets gleichförmiger und gleich schwerer Münzen zu entwickeln. Nur in Einzelfällen erforscht sind bisher die Bedingungen, unter denen vor einigen Jahrhunderten hoch qualifizierte und spezialisierte Arbeitskräfte für die Münzproduktion herangebildet und eingesetzt wurden. Nur wenig flossen Ergebnisse der Technik- sowie der Wirtschafts- und Sozialgeschichte in diesen Zweig der numismatische Forschung ein, so wie auch umgekehrt diese wenig von den Arbeitsergebnissen der anderen Sparten Kenntnis nahm. Die Tagung soll alle beteiligten Fächer zusammenführen und auch Anregungen geben, wie man schriftliche Quellen zur Münzfertigung effektiver und genauer auswerten und interpretieren kann.

Zur Tagung erscheinen zwei Begleitbände, und zwar eine von Monika Lücke herausgegebene Quellenedition über die Münzprägung in Stolberg um 1760, in der Korrespondenzen, Bestallungsverträge, Arbeitsinstruktionen, Inventare usw. publiziert werden. Dieser 3. Band der Reihe Hallische Beiträge zu den Historischen Hilfswissenschaften mit dem Titel „Hochsicherheitstrakt Münze. Die Alte Münze Stolberg/Harz als Produktionsstätte in der archivalischen Überlieferung“ liegt bereits vor (Herausgeber: Institut für Geschichte der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg, 80 S., ISSN 1435-7178). Die zweite Publikation ist ein von Hubert Emmerig zusammengestelltes Glossar mit Begriffen zur Münztechnik und Münzverwaltung im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit. Das Buch erfasst und erläutert zahlreiche münztechnische Begriffe, die in schriftlichen Quellen des 14. bis 17. Jahrhundert erwähnt werden. Ausgewertet werden 15 Quellen fast durchwegs aus Bayern bzw. den habsburgischen Ländern, also Österreich, Böhmen, Ungarn und Vorderösterreich. Herangezogen werden auch juristische Texte des 15. Jahrhunderts aus Regensburg und Wien, die den Münzbetrieb regeln sowie technische, rechtliche und finanziellen Aspekte beleuchten. Weitere Nachrichten beschreiben den Aufbau und das Inventar von Münzstätten und enthalten auch Hinweise auf die personelle Ausstattung solcher Prägeanstalten. Das Buch erscheint 2006 in der Schriftenreihe „Abhandlungen der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft“.

Anfragen zum Tagungsprogramm sowie Anmeldungen ab Anfang 2006 bei Ulf Dräger, Landesmünzkabinett von Sachsen-Anhalt, Friedemann-Bach-Platz 5, 06108 Halle, Telefon 0345-212590, Fax 0345-2029990 und e-Mail ulf.draeger@moritzburg.lsa-net.de

Helmut Caspar

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