„König und Vaterland dem Tapferen“ -
Württembergs zwischen 1797 und 1864 herausgegebene Medaillen, Orden und Ehrenzeichen in neuem Katalog erfasst


„Tapferkeit und Treue“ würdigt die Militärverdienstmedaille, an deren Stifter König Friedrich I. das gekrönte Monogramm FR erinnert. Foto aus dem besprochenen Buch

In der verdienstvollen Schriftenreihe „Süddeutsche Münzkataloge“ ist Ende 2003 als Band 11 das Buch von Ulrich Klein und Albert Raff „Die Württembergischen Medaillen von 1794-1864 (einschließlich der Orden und Ehrenzeichen)“ erschienen. Beide Autoren hatten 1995 als Band 5 in der gleichen, vom Verlag der Münzen- und Medaillenhandlung Stuttgart in Verbindung mit der Staatlichen Münzsammlung und dem Münzkabinett des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart edierten Reihe die württenbergischen Medaillen zwischen 1496 und 1797 erfasst. Klein und Raff kann man zu der geradezu gigantischen Recherche in Archiven, Sammlungen und Museen und dem Verleger Stefan Sonntag zum Gelingen der komplizierten Editionsarbeit gratulieren.

Auch das neue Buch mit Medaillen, Orden- und Ehrenzeichen zweier württembergischer Herrscher aus der Zeit zwischen der französischen Revolution (1789) und der Epoche kurz vor der deutschen Reichseinigung (1871) ist weitaus mehr als einer dieser üblichen Kataloge mit ihren Münz- beziehungsweise Medaillenbeschreibungen ohne weiterführende Hintergrundinformationen. In ihren beiden Katalogen bieten die Autoren aufgrund intensiver Suche nach historischen Details genau diese, schildern den Werdegang zahlreicher Prägungen und Güsse, gehen bei den Preismedaillen auf die damit dotierten Persönlichkeiten und bei den Auszeichnungen auf die Inhaber ein, schildern den Werdegang der Medaillen von der Idee bis zur Ausführung, nennen Varianten und Abschläge in anderem als dem ursprünglichen Metall und viele andere numismatisch interessante Details, dazu natürlich Standorte und Provenienzen sowie Erwähnungen in der Literatur und in anderen Katalogen. So entstand ein Medaillenbuch, das auch viel Landes- und Familiengeschichte bietet, zumindest was das herzogliche Haus Württemberg betrifft, das binnen weniger Jahre im frühen 19. Jahrhundert erst zu einem Kurhut (1803) und dann zu einer Königskrone (1806) kam und diese „Standeserhöhungen“ auch durch eine Reihe ansehnlicher Medaillen feierte.

Der zu Beginn des Katalogs mit seinen Medaillen und Orden gewürdigte Herzog, dann Kurfürst und schließlich König Friedrich II/Friedrich I. (reg. 1797-1816) war mit dem napoleonischen Frankreich liiert, war Mitglied des von Napoleon I. beherrschten Rheinbundes und stand damit, wenigstens zeitweilig, auf der Siegerseite. Das trug Friedrich I. nicht nur jenen Königstitel, sondern auch stattlichen Gebietszuwachs ein. Beides wurde ihm nach dem Fall Napoleons I. auf dem Wiener Kongress bestätigt, denn Friedrich hatte, anders als sein sächsischer Kollege Friedrich August I., der zum französischen Kaiser hielt, rechtzeitig die Seiten gewechselt.

Dass König Friedrich I. seine Tochter Katharina an Jerome Bonaparte, den in Kassel als König von Westfalen residierenden Bruder Kaiser Napoleon I. verheiratet und damit merklich zur Aufwertung des Bonaparte-Clans beigetragen hat, wurde nach den Befreiungskriegen von 1813-1815 nicht mehr erwähnt. Ein paar im Katalog beschriebene und abgebildete Medaillen nebst historischen Hinweisen erinnern an die familiäre Allianz zwischen Frankreich und Württemberg. Diese Verbindung gab es auch mit Russland, denn eine Schwester Friedrichs II./I. hatte als Maria Feodorowna den Zaren Paul I. geheiratet, der bereits 1801 ermordet wurde. Für Medaillenfreunde ist interessant zu wissen, dass sich die Kaiserin unter anderem im Edelstein- und Stempelschneiden übte. Einige ihrer Gemmen und Medaillen sind im Katalog erfasst, und man kann bei ihrem Anblick sagen, daß es sich dabei um sehr gute und interessante Arbeiten handelt.

Der andere, von Klein und Raff mit seinen Medaillen und Ordensstiftungen gewürdigte König ist Wilhelm I. (reg. 1816-1864). In seine lange Regierungszeit fielen die industrielle Revolution, die auf Demokratisierung und Abschaffung der Fürstenherrschaft abzielenden Volkserhebungen von 1848/9 und die Einigungsbestrebungen, die schließlich 1871 zur Gründung des deutschen Kaiserreichs unter preußischer Hegemonie führte. Wie ein Blick in den Katalog zeigt, war es Wilhelm I. offenbar ein Anliegen, Handel und Wandel, Industrie, Landwirtschaft und die Bildung in seiner Monarchie durch Stiftung und Ausgabe von Preismedaillen, Orden und andere Auszeichnungen zu stimulieren. Dazu liefert das Buch viele interessante Informationen einschließlich von Entwürfen und Hinweisen auf Personen, die mit solchen Stücken oft aus Gold ausgezeichnet wurden.

Natürlich bietet das Buch in einem gesonderten Kapitel auch Ordenssammlern viel Augenschmaus und Informationsmaterial, das mit Zitaten aus den Statuten und Angaben über Ordensträger über die übliche Ordensliteratur hinausgeht. Der Katalog schildert hier auch die Stiftungsgeschichte der Dekorationen und zeigt, wie die Metall- und manchmal auch gestickten Sterne sowie die Kreuze aussehen und welche Leistungen man mit ihnen würdigen wollte. In den vorderen Katalogabschnitten über die Medaillen sind darüber hinaus auch am Band tragbare Medaillen mit Aufschriften wie „König und Vaterland dem Tapferen“ oder „Für treue Dienste in zehn Feldzügen“ aufgelistet.

Für Sammler und Museologen sind sicher die Angaben über die Kosten von Interesse, die die Anfertigung und Verleihung der gelegentlich mit Pensionen und Gratifikationen verbundenen Auszeichnungen verursachten. Im Staatshaushalt spielten sie eine nicht unerhebliche Rolle, waren aber wichtig, um die Untertanen an das Herrscherhaus zu binden. Das versuchte man auch bei hochrangigen Orden, deren Verleihung an gekrönte Häupter und regierende Herren eindrucksvoll die damaligen Machtverhältnisse widerspiegeln, wie es in einem Kommentar zu dem zwischen 1807 und 1816 an Napoleon & Co. verliehenen Orden vom goldenen Adler heißt.

Der Katalog schließt mit einer Auflistung von Prägewerkzeugen aus der Zeit Friedrichs II./Friedrich I. im Besitz der Staatlichen Münzstätte Stuttgart sowie mit Angaben über Stempelschneider, Medailleure und andere Künstler, die im genannten Zeitraum Württembergs Medaillen, Orden- und Ehrenzeichen gestaltet haben.

Ulrich Klein und Albert Raff: Die Württembergischen Medaillen von 1797-1864 (einschließlich der Orden und Ehrenzeichen). Süddeutsche Münzkataloge Bd. 11, Stuttgart: Verlag der Münzen- und Medaillenhandlung 2003, 415 S., zahlr. Abb., 120 Euro (ISBN 3-936047-00-6)

Helmut Caspar

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