Tauftaler dienten der numismatischen Landschaftspflege - Ausstellung Rostocker Münzen und Medaillen im Heilig-Kreuz-Kloster wird ausgebaut



Mit der Prägung von Tauftalern – hier ein Stück von 1616 - mühte sich die Hansestadt Rostock um gute Beziehungen zu den Herzögen von Mecklenburg.



Ein aus dem frühen 17. Jahrhundert stammendes Sandsteinrelief zeigt die manuelle Prägearbeit. Eine Kopie des Originals befindet sich an der Fassade der Alten Münze nahe der Rostocker Marienkirche. (Fotos: Caspar)

Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock blickt auf eine lange, ins 13. Jahrhundert zurückreichende Münzgeschichte zurück. Das im Kloster zum Heiligen Kreuz untergebrachte Kulturhistorische Museum Rostock, nach dem Staatlichen Museum in Schwerin die größte Sammlung in Mecklenburg-Vorpommern, besitzt eine nahezu vollständige Kollektion Rostocker Münzen und Medaillen. Eine repräsentative Auswahl wird in dem ehemaligen Klostergebäude unweit der Universität gezeigt. Ausstellungskurator Steffen Stuth plant für die kommenden Jahre den Ausbau der Schau. Sie zeigt gegenwärtig etwa 400 Münzen mit dem Rostocker Greifen und rund 70 Medaillen zur Erinnerung an Ereignisse und Gestalten der Rostocker und der mecklenburgischen Geschichte. Dazu kommt eine größere Auswahl städtischer Siegel und Petschafte, denn bisher können in dem Museum nur wenige Beispiele gezeigt werden. Zu den bisher präsentierten Geldscheinen vor allem Rostocker und Mecklenburger Herkunft kommt Anfang 2006 eine Sonderschau mit deutschen und internationalen Banknoten und Wertpapieren.

Mühsame Arbeit am Amboß
Über mangelnde Aufmerksamkeit für die Münzausstellung im Südflügel des Heilig-Kreuz-Klosters kann sich das Museum nicht beklagen. Dies sicher auch deshalb, weil es in der komfortablen Lage ist, zu den Münzvorderseiten meist auch die Rückseiten zeigen zu können und der didaktische Aufbau dem Wissensdurst der Betrachter entgegen kommt. Da bei der Schließung der Rostocker Münze im Jahre 1864 die Werkzeuge nicht verschrottet wurden, blieben zahlreiche Stempel und andere Gerätschaften erhalten. Einige dieser eisernen Hinterlassenschaften können in der Ausstellung eingehend betrachtet werden. Deutlich wird, daß im Unterschied zu anderen Münzstätten das Rostocker Geld bis in das Industriezeitalter hinein auf urtümliche und nicht ganz ungefährliche Weise mit dem Handhammer am Amboß oder mit Hilfe von Klippwerken hergestellt wurde. Sogar die Goldgulden und Dukaten, mit denen sich Rostock im 18. Jahrhundert als bedeutungsvolle und wirtschaftlich starke Metropole in Szene setzte, wurden auf diese Weise hergestellt. Spindelpressen, wie man sie anderenorts zur Fertigung von hochwertigen Münzen wie Taler oder Dukaten verwendete, waren hier nicht gebräuchlich, schon gar nicht die im frühen 19. Jahrhundert eingeführten Kniehebelpressen. Da der Bedarf an Rostocker Münzen auch durch manuelle Prägung befriedigt werden konnte, verzichtete man auf die Anschaffung solche teurer Maschinen.

Die Ausstellung beginnt bei den Witten des 14. Jahrhunderts, zeigt eine Folge von Schillingen, Goldgulden, Dukaten und Talern und macht am Ende des Rundganges mit den bescheidenen Kupferdreiern bekannt, mit denen 1864 die Münzgeschichte der Stadt Rostock endete. Die von Michael Kunzel in seinem Buch über die zwischen 1492 bis 1864 geprägten Rostocker Münzen (Berlin 2004) erfaßten Gepräge sind so umfang- und variantenreich, daß man auf eine intensive, freilich immer wieder durch mehrjährige Pausen unterbrochene Prägetätigkeit und einen großen Bedarf der selbstbewußten Hansestadt Rostock an eigenen Münzen schließen kann. Auch die von Kunzel dokumentierte Verbreitung der Münzen mit dem Greifen in über 450 Schatz- und Einzelfunden, die man in Mecklenburg, Pommern, Dänemark, Schweden und anderen Ländern gemacht hat, zeigen, daß auch in weit entfernten Gegenden Rostocker Geld geschätzt und gehortet wurde.

Forschungsbedarf vorhanden
Zu den herausragenden Schaustücken der Ausstellung gehören neben den hochseltenen einfachen oder doppelten Goldgulden und Dukaten auch jene breiten, also besonders großen Taler, die die Hansestadt den mecklenburgischen Herzögen verehrte, wenn ein Thronfolger getauft wurde. In der frühen Neuzeit war es Usus, den glücklichen Eltern silberne Präsente in Gestalt von Gedenkmünzen zu machen. Damit wollte der Rat der Stadt wohl um „gut Wetter“ in den gelegentlich getrübten Beziehungen zum Herzogshaus bitten. Zwar war Rostock eine freie, selbständige Stadt mit einer stolzen, unabhängigen Bürgerschaft, aber es konnte nicht von Schaden sein, sich mit den im nahe gelegenen Güstrow beziehungsweise in Schwerin, mitunter auch in Rostock residierenden Herzögen gut zu stellen. Während normale Münzen in der Regel nur mit dem laufenden Greifen geschmückt und oft auch nachlässig geprägt sind, zeigen die besonders sorgfältig geschnittenen und sauber ausgeführten Sonderprägungen das „große“, mit einem üppig dekorierten Helm bedeckte Rostocker Wappen, das aus dem Greifen und blau-weiß-roten Schild besteht. „Diese Formen numismatischer Landschaftspflege läßt sich auch in anderen Territorien nachweisen; ob die Mühen etwas fruchteten, ist schwer zu sagen“, meint Steffen Struth.

Bei diesen Stücken sind die Grenzen zwischen Münze und Medaillen fließend. Michael Kunzel merkt in seinem Rostock-Buch bei dem breiten Taler von 1605 auf die Erbhuldigung für Herzog Karl von Mecklenburg an, eigentlich handle es sich um Medaillen, die jedoch ziemlich exakt im Gewicht von 4-, 3-, 2-, 1- und ½-fachen Talern ausgebracht wurden. Nicht immer sind die Prägeanlässe so eindeutig, wie bei den Tauftalern und dem Huldigungstaler. So kann Kunzel nicht umhin, bei einem weiteren breiten Taler von 1611 anzumerken, daß der Anlaß für diese Schauprägung unbekannt ist. Hier und bei manch anderen Stücken besteht hinsichtlich der Absichten, die die Stadt mit ihren auffälligen Sondermünzen verfolgte, noch mancher Forschungsbedarf.

Abgerundet wird die Ausstellung durch eine Auswahl von Medaillen, die an Rostocker Ereignisse und Gestalten erinnern. Zu den besonders interessanten Stücken gehören Prägungen zur Erinnerung an den 1742 in Rostock geborenen preußischen Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher. Sein von Johann Gottfried Schadow geschaffenes Bronzedenkmal von 1819 steht auf dem Universitätsplatz in unmittelbarer Nähe des Museums. Die unter anderem aus rund 130 unterschiedlichen Medaillen bestehende Rostocker Blücher-Sammlung ist die größte dieser Art weit und breit.

Frühe Numismatik-Studien
Schaut man sich das Universitätsgebäude genau an, so entdeckt man an der Fassade die Büste des Orientalisten Oluf Gerhard Tychsen (1734-1815). Dieser berühmte Gelehrte war Münzsammler und legte in Bützow, wo zeitweilig eine unter herzoglichem Kuratel stehende Universität tätig war, eine kleine Münzsammlung für Unterrichtszwecke an. Bereits 1791/92 kündigte Tychsen, wieder nach Rostock zurückgekehrt, eine Vorlesung zur Einführung in die antike Numismatik an. Später befasste er sich auch mit mecklenburgischer Münzkunde, hielt Vorlesungen über arabische und hebräische Münzen und publizierte über diese Themen in lateinischer Sprache. In der Ausstellung erinnert eine Silbermedaille an den Gelehrten, der 1813 sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum beging. Der auch an Altertumskunde interessierte Herzog beziehungsweise ab 1815 Großherzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin, der Tychsen die mit einem Früchte tragenden Palmenbaum widmete, gründete die Rostocker Akademische Münzsammlung und stattete sie mit Stücken aus der landesherrlichen Sammlung aus, die in Schwerin untergebracht war. Bisher wurden die Bestände der Rostocker Universitätssammlung öffentlich noch nicht gezeigt, wohl aber 1999 von Niklot Klüßendorf in der Reihe „Kataloge der Archäologischen Sammlung und des Münzkabinetts der Universität Rostock“ publiziert. Wünschenswert wäre es, wenn wenigstens ein paar antike Belege aus dieser ehemals sehr reichhaltigen, im Zweiten Weltkrieg aber stark dezimierten Kollektion als Ergänzung der Rostocker Münzen und Medaillen im Heilig-Kreuz-Kloster gezeigt würden. Dies auch um zu unterstreichen, daß man in Rostock schon vor über 200 Jahren den Wert geprägten Geldes als erstklassige Geschichtsquellen den Studenten nahegebracht hat.

Das Kulturhistorische Museum Rostock im Kloster zum Heiligen Kreuz, Klosterhof 7, 18055 Rostock ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen unter Telefon 0381/2035915.

Helmut Caspar

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