Kunsttempel mit zwei Kuppeln
und fünf Höfen -
Vor einhundert Jahren wurde das Bodemuseum auf der Berliner Museumsinsel eingeweiht


Seit Jahren eine Baustelle: Das vor einhundert Jahren als Kaiser-Friedrich-Museum erbaute Bodemuseum auf der Spitze der Berliner Museumsinsel. (Foto: Caspar)

In der preußisch-deutschen Geschichte hat man auf historische Daten immer großen Wert gelegt. Man feierte neben dem Geburtstag des jeweiligen Staatsoberhaupts vor allem den 18. Januar als Krönungstag von 1701, den 2. September als Sedanstag zur Erinnerung an die Schlacht von Sedan (1870), in der die französische Armee eine entscheidende Niederlage erlitt und der Weg zur Gründung des Deutschen Kaiserreiches wiederum am 18. Januar 1871 freigemacht wurde. Der 18. Oktober wurde als Tag der Völkerschlacht von Leipzig (1813) und als Geburtstag Kaiser Friedrichs III., des 1888 wegen eines Krebsleidens nur 99 Tage regierenden Reichsoberhaupts, begangen. Auf eben diesen Tag wurde vor einhundert Jahren, am 18. Oktober 1904, die Eröffnung des Kaiser-Friedrich-Museums in Berlin festgelegt. Der Generaldirektor der Königlichen Museen, Wilhelm Bode (ab 1914 Wilhelm von Bode), hatte bei Kaiser Wilhelm II. dieses doppelt wichtige Datum durchgesetzt. Der Monarch, der mit der Namensgebung an die Förderung der Künste und der Wissenschaften durch seinen Vater erinnern und sich dadurch aber selbst als großer Mäzen und Kunstkenner ehren wollte, stimmte zu.

Tage der offenen Tür
Den ursprünglichen Museumsnamen kennt heute kaum jemand mehr, denn der Kuppelbau, der an jenem 18. Oktober 1904 mit großem Gepränge im Beisein des Kaisers und der Spitzen des Reiches eröffnet wurde, wie man damals sagte, heißt seit 1956 Bodemuseum. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Erinnerung an die Hohenzollern nicht mehr opportun, man suchte einen neuen Namen. Mit ihm dankte man Wilhelm von Bode, der sich als Generaldirektor der Königlichen beziehungsweise nach Aufhebung der Monarchie der Staatlichen Museen große Verdienste um die Berliner Sammlungen erworben hatte und selber ein bedeutender Kunstwissenschaftler, Buchautor und Mäzen war.

Nach mehrjähriger Generalsanierung kehrt das Haus mit den fünf Höfen und zwei Kuppelhallen langsam wieder ins öffentliche Bewusstsein zurück. Anlässlich der Hundertjahrfeier gibt es Tage der offenen Tür, in deren Rahmen die Öffentlichkeit am 23. und 24. Oktober auch den sonst verschlossenen 60 Meter langen Tresorraum des Münzkabinetts besichtigen kann. Die Arbeiten im Haus gehen nach den Feierlichkeiten weiter, und als erstes nimmt das Münzkabinett, Berlins ältestes Museum, seinen Stammplatz wieder ein. Ihm folgen bis 2006 Teile der Gemäldegalerie sowie die Skulpturensammlung, die zur Zeit noch in anderen Häusern gezeigt werden.

Spott und Bewunderung
Das nach Plänen des Hofarchitekten Ernst Eberhard von Ihne (1848-1917) in den Formen des Neobarock mit reichem Figuren- und Kronenschmuck errichtete Kaiser-Friedrich-Museum musste, als es vor einhundert Jahren eröffnet wurde, manchen Spott über sich ergehen lassen. Der abgelegene Standort auf der Spitze der Museumsinsel wurde bemängelt, die komplizierte Bauform mit fünf Höfen fand heftige Kritik, und auch die Trennung der Museumsinsel durch die Stadtbahn, die heutige S-Bahn, wurde als störend empfunden. Ein Franzose erfand den Begriff „Cul de Berlin“, also Popo oder Hintern von Berlin in Anlehnung an den rundlichen Abschluss des mit zwei Kuppeln geschmückten Bauwerks, und eine Zeitschrift nannte den neuesten Stern am deutschen Museumshimmel einen „unglücklichen Bau und trotzdem ein schönes Museum“.

Insgesamt aber überwogen die lobenden Worte, vom kaiserlichen Bauherrn abwärts. Wilhelm II. registrierte Bodes epochale Verdienste um das damals auch bei vielen Kunstfreunden gewöhnungsbedürftige Museum mit den lapidaren Worten „Das haben Sie gut gemacht, Bode“.

Der Museumsdirektor, der seine Kräfte bei der Einrichtung des Hauses fast ausgeschöpft hatte, konnte dem Festakt von einer Balustrade nur im Rollstuhl sitzend beiwohnen. Da er mit der deutschen internationalen Sammler- und Kunsthändlerwelt aber auf gutem Fuße stand, nahm er anlässlich der Museumseröffnung zahlreiche Geschenke in Form von Gemälden, Skulpturen und anderen Preziosen entgegen und stellte sie anschließend aus.

Frische, fröhliche Arbeit
In seinem Erinnerungsbuch „Mein Leben“ (1930) nannte Bode die Arbeit am und im Museum eine „frische, fröhliche Arbeit“ und befand, dass die Vorwürfe an die Adresse des Hofarchitekten Ernst Eberhard von Ihne hinsichtlich der Raumdispositionen und einiger Neuplanungen in der Aufbauphase als „durchaus ungerechtfertigt“ seien. Die problematischen Platzverhältnisse auf dem unregelmäßigen Dreieck an der Spitze der Museumsinsel hätten allerdings zu beengten Raumverhältnissen gezwungen. Hinzu sei auch gekommen, dass neuerworbene Ausstellungsstücke, die ursprünglich nicht eingeplant waren, auch noch untergebracht werden mussten. Aber insgesamt sei das Haus gelungen. Alles in allem setzten die Aufteilung der Museumsräume in große und kleine Kabinette, die an den ausgestellten Kunstwerken orientierte Farbgebung der Wände und Gestaltung der Fußböden, der Lichteinfall von oben beziehungsweise von der Seite und natürlich die von Bode ausgeklügelte Kombination von Gemälden, Möbeln, Plastiken und kunsthandwerklichen Erzeugnissen Maßstäbe für weitere Museumsbauten in und außerhalb Deutschlands.

Als Hommage an das Mäzenatentum der Hohenzollern wurde das Kaiser-Friedrich-Museum mit Herrscherstatuen geschmückt. In der Großen Kuppelhalle zieht das Schlüters Reiterstandbild des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg die Blicke auf sich. Allerdings ist es nicht das Bronzeoriginal, das im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg steht, sondern eine Kopie. Preußische Königsköpfe blicken von der Kuppel auf die Besucher hinab, und in der Kleinen Kuppelhalle König Friedrich II., der Große, und einige preußische Generalsfiguren aus Marmor Aufstellung genommen. Das von Rudolf Maison geschaffene Reiterdenkmal Kaiser Friedrichs III., das auch auf einer Medaille von 1904 abgebildet ist, wanderte nach 1945, wie zahllose ähnliche Monumente auch, in den Schmelztiegel.

Zerstörung und Wiederaufbau
Der Zweite Weltkrieg ging an der heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Museumsinsel nicht spurlos vorbei. Alle fünf Häuser wurden stark beschädigt, am härtesten traf es das Neue Museum, das zur Zeit als Heimstätte des berühmten Kopfes der ägyptischen Königin Nofretete und vieler anderer Altertümer aus dem Land am Nil in einer Kombination von Alt und Neu wieder aufgebaut wird. Das Bodemuseum wurde in den fünfziger Jahren und danach hergerichtet und zur Heimstatt des zu den Staatlichen Museen zu Berlin gehörenden Museums für Ur- und Frühgeschichte, des Ägyptischen Museums/Papyrussammlung, der Frühchristlich-byzantinischen Sammlung, der Skulpturensammlung, der Gemäldegalerie und des Münzkabinetts gemacht. Einige Sammlungen haben nach der Vereinigung der Staatlichen Museen Ost und West unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz andere Standorte eingenommen, so dass die verbleibenden Sammlungen im inwendig auf die Anforderungen des 21. Jahrhunderts umgestalteten Bodemuseum mehr Entfaltungsmöglichkeiten haben.

Helmut Caspar

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